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Freitag, 13. September 2013, 21:40

Chemische Thermodynamik

"Erster Hauptsatz, erstes Brett vorm Kopf"

Mit einer auf den so genannten ersten Hauptsatz gegründeten Thermodynamik wird Schülern, wie Studierenden das erste Brett vor den Kopf genagelt. Denn der "erste Hauptsatz ist so überflüssig wie ein Kropf. Der Versuch ,die Änderung der Inneren Energie U gemäß \[\ dU \ = \ \delta Q \ + \ \delta W \] aufzuteilen, ist aus mehreren Gründen ( zumindest ) didaktisch verfehlt. Zum einem wird mit einem Wärmebegriff operiert, der ebenso undefiniert, wie unkritisch aus unklaren Vorkenntnissen des Alltags übernommen wird.

So verständlich das Ansinnen auf den ersten Blick auch erscheinen mag, den Entropiebegriff erst einmal zu vermeiden, so führt dieser Weg nichtsdestoweniger nach aller Erfahrung nahezu unvermeidlich zur Verfestigung verquerer Vorstellungen zum Begriff "Wärme". Insbesondere gehen Lernende in der Regel nach wie vor davon aus, dass Wärme eine Art Bestandteil eines Systems sei. Dem man im Übrigen auch nicht dadurch hinreichend vorbeugt, dass man sich über Seiten oder Vorlesungsminuten hinweg darüber auslässt, dass die Wärme keine Zustandsfunktion ( Zustandsgröße ) sei, wobei man in der Regel darauf hinzuweisen vergisst, dass dies für alle anderen "Energieformen" ( besser "Energieaustauschformen" ) genau so gilt. Bei Beschränkung auf die Austauschformen "Wärme" und "Arbeit" also auch für die Austauschform "Arbeit". Wobei es didaktisch gesehen auch ein fragwürdiges Vorgehen ist , eine physikalisch unübersehbar anschaulische Eigenschaft über deren rein mathematische Konsequenzen vermitteln zu wollen. Denn wären Wärme und Arbeit Zustandsgrößen, dann wären wären periodisch arbeitende Maschinen, die Wärme in Arbeit "umwandeln" ( oder umgekehrt ) , gar nicht möglich.

Zum anderen ist der Arbeitsbegriff nicht weniger undefiniert. ATKINS hat immerhin begriffen, dass man diesen nicht auf ( - pdV ) beschränken kann. Allerdings zieht er einerseits nicht die erforderliche Konsequenz, den einzig systematisch logischen Ansatz zu fahren. Zum anderen gibt er z.B. für die Austauschform "elektrische Energie" eine falsche Beschreibung an. Richtig ist nämlich \[ dE \ = \ \varphi \ dq \ \ \ \ \ und \ nicht \ etwa \ \ \ \ \ dE \ = \ q \ d \varphi \] Was erkennbar macht, dass auch ATKINS die Systematik der GIBBS-HELLMHOLTZ'schen Beschreibung nicht gegenwärtig gewesen sein kann, als er seine "Physikalische Chemie" verfasst hat.

Weiterhin ist bemerkenswert, dass die Chemische Energie als "Arbeitsform" in der Übersichtstabelle in Kap.2.2b auf Seite 48 ( Auflage 1987, korrigierter Nachdruck 1990 ) nicht auftaucht.

Andere Werke beschränken sich von vorn herein auf \[ \ \delta W \ = \ - \ p \ dV \] und dies in der Regel ,ohne wenigstens darauf hinzuweisen, dass unter "Arbeit"im thermodynamischen Sinn alle Energieformen zu verstehen sind, deren Austausch sich nicht über den Energieträger "Entropie" vollzieht. Was aber eigentlich auch nur eine Konsequenz der verfehlten Logik des ersten Hauptsatzes ist, nach der jeglicher Energieaustauch eines geschlossenen Systems entweder Wärme oder Arbeit sein müsse. Was bitte ist dann z.B. UV - Strahlung ?

Soweit der Begriff " Energieträger" in der Lehrbuchliteratur auftaucht, so wird er dort im Alltagsverständnis und nicht im Sinn einer systematisch - thermodynamischen Beschreibung verwendet. Dort nämlich , z.B. in diversen Arbeiten von FALK - RUPPEL , FALK - HERRMANN , insbesondere dem als "Karlsruher Physikkurs" bekannt gewordenen, konsequent dynamisch angedachten Beschreibungsversuchs - nicht nur der "Thermodynamik", sondern der Physik insgesamt - sind Energieträger alle mengenartigen Größen, von denen Energie quasi "huckepack" genommen transportiert werden kann. Als Beispiele für Energieträger seien hier vorab mal genannt : Die Masse m, der Impuls P ,
das Volumen V, die elektrische Ladung q , die Stoffmenge n und nicht zuletzt die Entropie.

In dieser Systematik stellen sich die so genannten "Energieumwandlungen" als "Umladung" von Energie von einem Energieträger auf einen anderen dar, was ein besseres Verständnis auch insofern befördert, als die Energieträger Zustandsgrößen sind im Gegensatz zu den von ihnen transportierten Austauschformen, die - wie bereits erwähnt - nicht "Bestandteil" eines Systems sind und damit auch keine Existenzformen der Energie darstellen. So jedenfalls für alle reversiblen Vorgänge, d.h. alle Prozesse , bei denen idealisiert angenommen wird , dass Entropie nur ausgetauscht , nicht aber erzeugt wird. Denn wenn Entropie erzeugt werden kann, dann kann die Entropie zumindest nicht allgemein gesehen eine Zustandsgröße sein. Wieso eigentlich nicht ? ( Frage an den Leser )

Auch wenn es dort nur selten explizit zum ausdruck gebracht wird, so landen doch alle Lehrbücher ohnehin irgendwann einmal bei einer Energiebilanz der folgenden Art landen :



\[ dE(m, P , ... S,V,...,n , q) \ = \ ( \ \frac {dE}{dm} \ ) \ dm \ + \ ( \ \frac {dE}{dP} \ ) \ dP \ + \ .... \ \ ( \ \frac {dE}{dS} \ ) \ dS \ + \ ( \ \frac{dE}{dV} \ ) \ dV \ + \ .....\ \ ( \ \frac {dE}{dn} \ ) \ dn \ + \ ( \ \frac {dE}{dq } \ ) \ dq \]

Diese so genannte GIBBS'schen Fundamentalform, die zwar auf den ersten Blick als Monstrum erscheinen mag, die aber nur die mathematische Form ist für die fast schon banale Annahme, dass sich Energieaustausch über verschiedene Austauschformem vollzieht, von denen jede charakterisiert ist durch eine Größe, die wie die Energie selbst mengenartig , also extensiv ist. die diversen Differentialquotienten sind natürlich partieller Natur, wobei ich die vorstehend verwendete , vereinfachte Schreibweise gerechtfertigt sehe, weil ein Differentialquotient, bei dem sich gleichzeitig mehrere Größe verändern, nach meinem Verständnis keinen Sinn ergibt , ein diesbezügliches Missverständnis also auch dann ausgeschlossen erscheint, wenn ich mir hier eine Notation erlaube, die zwar mathematisch nicht korrekt, dafür aber für den Leser übersichtlicher ist. Denn betrachten wir z.B. einmal Flächen A von ebenen Äckern mit variablen Längen x und variablen Breiten y, dann macht die Form
\[ dA( x,y ) \ = \ \ ( \ \frac {dA}{dx} \ ) \ dx \ + \ ( \ \frac {dA}{dy } \ ) \ dy \]
doch nur dann einen Sinn, wenn man bei der Betrachtung der Auswirkungen von Änderungen der Länge x auf die Größe des Fläche A nur dann einen Sinn, wenn man davon ausgeht, dass dabei die Breite y konstant bleibt , man also für rechteckige Formen wegen A = x y erhält :

\[ dA(x,y) \ = \ y \ dx \ + \ x \ dy \]
Für ein Rechteck mit der Länge a und der Breite b
\[ \frac {b}{a} \ = \ \frac {y}{x} \ \ \ \ => \ \ \ \ \ y \ = \ \frac {b}{a} \ x \]
\[ dA \ = \ \frac {b}{a} \ \ x \ dx \ + \ x \ \frac {b}{a} \ dx \ = \ 2 \ \frac {b}{a} \ \ x \ dx \]
Integriert von x = 0 bis x = a : \[ A \ = \ \frac {b}{a} \ x^2 \ | \ _0^a \ = \ \frac {b}{a} \ \cdot \ a^2 \ = \ a \ b \]
Was nicht viel beweist, aber immerhin zeigt, dass der Differentialansatz zumindest plausibel ist.





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hw101 (17.10.2013)

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Freitag, 13. September 2013, 21:45

Chemische Thermodynamik

Die GIBBS'sche Fundamentalform

Kehren wir zur GIBBS'schen Fundamentalform zurück :

\[ dE(m, P , .. S,V,...,n , q) \ = \ ( \ \frac {dE}{dm} \ ) \ dm \ + \ ( \ \frac {dE}{dP} \ ) \ dP \ + \ .. \ \ ( \ \frac {dE}{dS} \ ) \ dS \ + \ ( \ \frac{dE}{dV} \ ) \ dV \ + \ ..\ \ ( \ \frac {dE}{dn} \ ) \ dn \ + \ ( \ \frac {dE}{dq } \ ) \ dq \]


Die ersten beiden Terme der rechten Seite betreffen die Austauschformen "Gravitationsenergie" und "Bewegungsenergie". Die Punkte "......" zeigen die Unvollständigkeit der Aufzählung an. So könnte hier noch die Austauschform "Rotationsenergie" aufgeührt sein. Was aber hier verzichtbar erscheint, alldieweil der umfassende Charakter der Darstellung hier nur angedeutet werden soll, Bekanntlich geht man ja in der Thermodynamik allgemein davon aus, dass sich weder die Gesamtmasse, noch der Gesamtimpuls des betrachteteten Systems verändern. Was dann quasi natürlich auch für den Drehimpuls und somit auch für die Austauschform Rotationsenergie gilt. Was letztlich auch der Grund dafür ist , dass man üblicherweise nicht die Gesamtenergie, sondern unter ( wegen Konstanz derselben ) Weglassen der "äußeren" Energieformen nur die so genannte "Innere Energie" U(S,V, n, q ) bilanziert, man in den einführenden Kapiteln von Lehrbüchern sich sogar regelmäßig auf U(S,V) beschränkt , also stoffdynamische Veränderungen wie chemische Reaktionen und Aggregatzustandsänderungen erst einmal ausschließt.
Ersetzt man die Differentialquotienten durch die jeweils entsprechende, intensive ( nicht mengenartige ) Größe, so erhält man :

\[ dE(m, P , ... S,V,...,n , q) \ = \ ( g \ h ) \ dm \ + \ v \ dP \ + \ .... \ \ T \ dS \ + \ ( \ - \ ) \ p \ dV \ + \ .....\ \ \mu \ dn \ + \ \varphi \ dq \] bzw. bei Beschränkung auf U(S,V,n,q)\[ dU( S,V, n , q) \ = \ T \ dS \ + \ ( \ - \ ) \ p \ dV \ + \ \mu \ dn \ + \ \varphi \ dq \] , sowie bei Beschränkung auf U(S,V)\[ dU( S,V) \ = \ T \ dS \ - \ p \ dV \]

Womit wir bei der Gleichung angelangt wären, zu der in der Lehre übergegangen wird, wenn der so genannte erste Hauptsatz "mit seinem Latein am Ende" ist. Und man sich fragt , warum man an den Hochschulen nicht von Anfang an über diese einfache Energiebilanz - und mehr ist es ja nicht - den Zugang zur Thermodynamik erschlossen hat. . Zumal der mMn vernebelnde Umweg über den 1. Hauptsatz ja auch u.a. das Problem hinterlässt, plausibel begründen zu müssen , weshalb man nun in eine andere Spur wechselt.
Was im übrigen einfacher wäre, wenn man einem Vorschlag von G.Falk, W.Ruppel und F Herrmann folgen würde, der als Wärme jede Energieänderung versteht, die sich über die Koordinate S, also über den Energieträger Entropie vollzieht. Und dies unabhängig davon, ob es sich um reversibel getauschte oder um erzeugte Entropie handelt. Das aber hätte den Preis, dass damit auch Vorgänge mit einbezogen würden, bei denen sich trotz zunehmender Entropie die Temperatur nicht ändert. Wie es z.B. bei bestimmten Mischungsvorgängen der Fall ist.
Was aber bei den Verfechtern der bis dato dominierenden Lehrpraxis aber offenbar so gut wie keine positive Resonanz gefunden hat, gleichwohl ich nach wie vor ohne akzeptable Antwort bleibe, wenn ich jemand aus dieser Gruppe nach der seinem Lehransatz zu Grunde liegenden Definition des Wärmebegriffes frage. Wobei im Spektrum misskonzeptioneller Vorstellungen maximale Häufigkeit nach meiner Erfahrung dort zu finden ist , wo Betroffene Wärme schlicht mit innerer Energie verwechseln.

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Donnerstag, 17. Oktober 2013, 18:07

Chemische Thermodynamik


Energie und Entropie

Seit mehr als 100 Jahren ist sich die Naturwissenschaft ziemlich sicher, dass Vorgänge, präziser gesagt Zustandsänderungen nur dann ablaufen , wenn dabei Entropie erzeugt wird. Von der Energie aus betrachtet geht die Entropieerzeugung einher mit einer Entwertung von Energie. Der Wert von Energie besteht in ihrer “Wandelbarkeit von einer Energieform in eine andere“. Korrekter gesagt der "Umladbarkeit der Energie von einem Energieträger auf einen ( im Prinzip beliebigen ) anderen Energieträger. Die
Entwertung der Energie und damit die Entropieerzeugung zeigen sich in der Weise, dass bei jedem realen Vorgang ein Teil der dabei ausgetauschten Energie in eine Form überführt wird, die nicht mehr "gewandelt" werden kann. Die Beziehung zwischen der entwerteten ( dissippierten, verschlissenen, vergeudeten ... ) Energie und ihrem dabei erzeugten Entropieäquivalent lautet unter Beachtung der Erkenntnis, dass die erzeugte Entropie keine Zustandsgöße ist : \[ dE_{dissipiert} \ = \ T \ \delta S_{erzeugt} \]
Wenn bei einem Vorgang Entropie erzeugt wird, so kann dieser Vorgang nicht umgekehrt werden, weil ja bei der Umkehrung Entropie verbraucht würde. Aus diesem Grund nennt man Vorgänge, die unter Entropieerzeugung verlaufen “irreversibel” , was auf Deutsch übersetzt “unumkehrbar” bedeutet. Wenn man also den Eindruck hat, dass ein realer Vorgang umgekehrt wird, so hat man irgend etwas nicht beachtet. Die scheinbar exakte Umkehrung ist immer damit verbunden, dass irgend etwas verändert wurde, der Vorgang also nicht genau so rückwärts verläuft wie der vorher beobachtete vorwärts gelaufen ist.


Beispiel: Eine fallende Kugel

Wenn eine Kugel fällt, so sieht dies die Physik noch nicht als einen von vorn
herein irreversiblen Vorgang an. Denn für die Physik ist der idealisierte Fall vorstellbar, dass sich die Änderung der Lagenergie in vollem Umfang als Änderung von Bewegungsenergie in Erscheinung tritt. So jedenfalls bei reibungsfreiem Fallvorgang.
Die vollständige Umkehrbarkeit dieses Vorgangs wäre z.B. dadurch gegeben, dass der fallende Körper beim Auftreffen auf dem Boden
elastisch zurückgeworfen wird, was auch wiederum idealisierend voraussetzt, dass beim Aufprall keine Energie an die Erde abgegeben wird. Unter diesen, im Prinzip irrealen Annahmen gibt es für die Physik einen ( als idealisierenden Grenzfall anzusehenden )reversiblen Prozess, mit dem man dann rechnen kann, gleichwohl man einen solchen Prozess in der Realität nicht findet. Er dient aber dem Verständnis und hat praktische Bedeutung insofern, als er in vielen Fällen die Wirklichkeit mit hinreichender Genauigkeit zumindest näherungsweise beschreibt.
Das Gegenteil davon, wäre der vollständig irreversible Vorgang, bei dem die gesamte "wandelbare" (transformiebare) Energie dissippiert, d.h. verschlissen , vergeudet, wird. Auch dieser Fall stellt genau besehen eine Idealisierung dar, weil in der Realität immer ein - wenn auch vielleicht nur sehr geringer Teil - an transformierbarer Energie übrig bleibt.

Dennoch kommen wir dem Grenzfall totaler Irreversibilität sehr nahe, wenn wir uns vorstellen. dass unsere Kugel statt frei herunter zu fallen, in einer sehr zähen Flüssigkeit langsam zu Boden sinkt. Unten angelangt hat sie ihre gesamte Energie abgegeben, die sich nun in der Umgebung, in diesem Fall der zähen Flüssigkeit wiederfinden muss, weil der Energieerhaltungssatz dies verlangt.
Wenn aber die anfangs in zumindest Teilen mitbewegte Flüssigkeit zur Ruhe gekommen ist, wird sich der arglose Beobachter fragen, wo die Energie denn nun geblieben ist. Eine genaue Messung der Temperatur zeigt deren Zunahme an und beantwortet die Frage dahingehend, dass offenbar eine Form der Energie existiert, deren Zufuhr sich ( meistens ) durch Temperaturerhöhung zu erkennen
gibt. Diese Energieform nennen wir Wärme, gleichwohl wir außer einer noch sehr nebulösen Beziehung zur Temperatur nichts von dieser Energieform wissen.


Fortsetzung folgt

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