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Freitag, 10. Mai 2013, 19:51

Entsorgung von Alkalimetallen im Labor

Hallo,

ich lese mir gerade einiges zur Laborpraxis durch und da stellt sich mir zu folgendem Abschnitt eine Frage:

Zitat

Alkalimetalle sind vorsichtig und in erbsengroßen Portionen in einer Porzellanschale mit tert.-Butanol umzusetzen (Li und Na evtl. auch mit Brennspritus). Nach Ende der Reaktion die Lösung in den Behälter für saure und basische Abfälle geben.


(Quelle: Michael Wächter: Chemielabor. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2011, S. 9)

Ich dachte mir, dass folgende Reaktion abläuft:

\[ Y \ + \ HC(CH_3)_3-OH \rightarrow C(CH_3)_3O^- \ Y^+ + \ \ \frac{1}{2} \ H_2 \]

Wobei Y ein beliebiges Alkalimetall darstellen soll. Was passiert nun mit dem Wasserstoff? Ist ja nicht erwähnt, dass man unter dem Abzug arbeiten soll (=> bildet sich doch ein explosives Gemisch, wenn auch in geringen Mengen).

Und welchen Zweck erfüllt der Brennspiritus? Mein "chemischer" Ansatz hierzu wäre: Natrium und Lithium besitzen ja höhere Ionisierungsenergien, da sich das Valenzelektron näher am Kern befindet. Folglich muss die Reaktivität auch geringer sein als bei den restlichen Alkalimetallen. Weiterhin müssten Alkalimetalle mit Ethanol ("Brennspiritus"), da es eine stärkere Säure ist als tert-Butanol (durch den +I-Effekt ist Letzteres eine schwächere Säure), "heftiger" reagieren. Um keine allzu exothermen Reaktionen herbeizurufen verwendet man tert-Butanol und wenn dies nicht ausreicht, hilft man mit Ethanol ("Brennspiritus") nach.

Stimmen meine Überlegungen diesbezüglich?

2

Freitag, 10. Mai 2013, 20:59

Naja, zunächst einmal ist es so, dass der Schmelzpunkt von tert-Butanol bei 25.6 °C (Quelle: wikipedia) liegt. D.h. Sie brauchen schon einen sehr warmen Sommertag (bei gleichzeitig ausgefallener Lüftung) oder ein Labor in südlicheren Gefilden, damit Sie überhaupt flüssiges t-Butanol vorfinden. Ansonsten müssen Sie das erstmal im Warmwasserbad schmelzen und danach hoffen, dass es auch flüssig bleibt. So ganz praktikabel erscheint mir das nicht...andererseits läuft man bei Verwendung von iso-Propanol natürlich Gefahr, dass die Reaktion zu heftig verläuft und etwas passiert (im Falle von Kalium). Man muss hier eine abwägende Entscheidung treffen. Deshalb ist das auch nichts, was man einen Studenten im Laborpraktikum mal einfach nebenbei unbeaufsichtig machen lässt. Da muss ein Assistent dabei sein.

Bisher bin ich in die Verlegenheit, Kalium entsorgen zu müssen, immer nur beim Absolutieren von Lösungsmitteln gekommen. Dabei habe ich eine ordentliche Menge inertes LM über dem Kalium stehen gelassen und dann langsam iso-Propanol zugetropft, am nächsten Tag Ethanol, am übernächsten Wasser und am darauf folgenden Tag entsprechend entsorgt.

Was passiert nun mit dem Wasserstoff? Ist ja nicht erwähnt, dass man unter dem Abzug arbeiten soll
Ich kenne das Buch nicht und weiß daher auch nicht, ob darin immer explizit erwähnt ist, wenn man unter dem Abzug arbeiten soll. Aber hier ist es wegen des entstehenden Wasserstoffs auf jeden Fall angebracht.

Und welchen Zweck erfüllt der Brennspiritus?
Ihre Überlegungen sind zwar richtig, aber ich denke, das Zitat ist so gemeint, dass man für die vergleichsweise "handsamen" Metalle Li und Na auch einfach Ethanol zur Entsorgung verwenden kann, für Kalium jedoch auf einen unreaktiveren Alkohol zurückgreifen sollte, da dessen Reaktion mit Ethanol viel zu heftig verlaufen würde.

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Samstag, 11. Mai 2013, 14:51

Auf diese Aspekte wäre ich alleine nicht gekommen (da habe ich wohl zu "theoretisch" gedacht). Stimmt, man muss in der Praxis ja auch Eigenschaften der Flüssigkeiten, Kosten, u.Ä. beachten.

Vielen Dank für diese ausführliche, sehr informative Antwort!

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Donnerstag, 16. Mai 2013, 10:24

Da wir hier ja sozusagen unter uns sind, hier noch eine kleine Anekdote zur "Entsorgung" von Alkalimetallen, oder besser gesagt, wie man sie auf keinen Fall entsorgen sollte:

Metallorganik wird in Deutschland ja klassischerweise an anorganischen Lehrstühlen betrieben, während sie in englischsprachigen Ländern zur Organik gehört (dort heißt dieses Teilgebiet auch dementsprechend anders, nämlich organometallics, d.h. die "Organik" kommt zuerst und nicht das "Metall"). Jedenfalls bin auch ich an einem bekannten anorganischen Institut gelandet zum Zwecke der Promotion. Dort gab es aber nicht nur Metallorganiker, sondern auch "echte" Anorganiker, unter anderem mein damaliger Labor-/Büropartner, der ein ebenso genialer wie draufgängerisch-lebensmüder Experimentator war. Der Mann machte die Experimentalvorlesung des Professors zu einem Erlebnis und zeigte dort - mit ruhiger und geübter Hand - Dinge vor großem Publikum, an die sich "Otto-Normal-Chemiker" nicht einmal im stillen Kämmerlein hinter Plexiglasscheiben getraut hätte.

Für den Abend seiner Doktorfeier kündigte er schon im Vorfeld einen letzten Knüller an. Nachdem gegen 3 Uhr morgens die offiziellen Gäste alle gegangen und nur noch der maximal alkoholisierte, harte Kern übrig geblieben war, fiel ihm der Knüller wieder ein und wir begaben uns in den begrünten Innenhof des Instituts, der auch teilweise als Parkfläche diente. Dort stellte ich fest, dass diese irre Person vor hatte, seine Reste an elementarem Rubidium und Cäsium zu entsorgen - in Wasser! Ich wollte ihn noch davon abhalten, aber es war zwecklos.

Als ein paar Stunden später die ersten Institutsbediensteten zur Arbeit erschienen, stellte man fest, dass im Innenhof ein Kanaldeckel fehlte. Man fand ihn auf dem bekiesten Vordach im 2. Stock (!) eines Nebengebäudes in einem riesigen Krater liegend. Natürlich brachte man diesen Vorfall sofort mit besagter Doktorfeier in Verbindung. Daraufhin mussten wir bei Ihrer Spektabilität, dem Ordinarius höchstpersönlich, antreten und sahen uns unter heftigem Gebrüll mit dem Vorwurf konfrontiert, wir seien es gewesen, die den Deckel manuell entwendet und in den 2. Stock geschafft hätten. Dieses naive Angebot nahmen wir natürlich dankend an und kamen mit einer scharfen Rüge und dem Befehl, den knapp 100 kg schweren Deckel vor aller Augen wieder an den dafür vorgesehen Platz zu bringen, davon.

Mehr Glück als Verstand gehabt. Nicht zur Nachahmung empfohlen!

Verwendete Tags

Entsorgung, Laborpraxis

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