Furbaa 28.10.2014 10:48
Frage: Didaktischer Beschiss?
Liebe Alle,
ich war vor einem Jahr in der Uni an einem Seminar, da meinte mein Dozent wir sollen die Erde von neben-der-Autobahn zusätzlich und heimlich vorher mit Salzsäure vermengen, sodass für unsere SchülerInnen klarer werde, welche pH-Unterschiede es in Böden gebe - der Kontext des Unterrichts war Klimaschutz. Terminologisch zählte der Dozent das als "Didaktische Reduktion".
Neulich war ich an einem Berliner Gymnasium und habe ein Unterrichtspraktikum gemacht. Da war ich im Chemie-vorbereitungsraum und plante meinen SchpülerInnen zu zeigen, dass heiße Luft Kalkwasser nicht trübt, als eine sehr erfahrene Lehrkraft meinte, ich solle doch gleich Leitungswasser nehmen und nur sagen es sei Kalkwasser - denn Leitungswasser müsse man nicht aufwendig anrühren und es bestehe kein Risiko für unerwünschte Versuchsergebnisse.
Im Chemiedidaktik-Fachbereich und unter Studierenden sind die Meinung über solche Verfahrensweisen sehr unterschiedlich.
Zur Zeit bin ich in einem Seminar zur Analyse von Unterricht und würde gern zu dem Thema forschen. Meine Ideen für Forschungsfragen waren, wie viele SchülerInnen solche Schummeleien bemerken und welche Auswirkungen das auf Vertrauen, Arbeitsbündnis mit der Lehrkraft und Motivation hat - Bei ersten Rechercheversuchen habe ich allerdings gar kein Material zu dem Thema gefunden. Mir fehlt sogar ein Begriff für das ganze, didaktische Reduktion passt nicht ganz und "didaktischer Beschiss" ist zu umgangssprachlich. In der Praxis ist es allerdings weit verbreitet!
Könnt ihr mir weiterhelfen -
Wie kann man das Problem begrifflich eingrenzen?
Welche Erfahrungen habt ihr damit?
Gibt es dazu irgendwelche Literatur?
Welche Forschungsansätze könnte man noch verfolgen?
Meiner Einschätzung nach ist der TES selbst nicht aufrichtig , so dass ich überzeugt davon bin , dass die angeblichen Unaufrichtigkeiten anderer wenn auch wahrscheinlich nicht frei erfunden, so doch manipuliert worden sind , um für die vom TES beabsichtigte Untersuchung "Bedarf" zu schaffen.
Zwar traue ich aus eigener, leidiger Erfahrung der Chemiedidaktik deutscher Hochschulen einiges zu . Aber selbst wenn ich einem Dozenten die Schlechtigkeit zutrauen würde, Experimente zu manipulieren, dass einer so dumm sein kann, dies auch noch in seiner Lehrveranstaltung vor zukünftigen Lehrern zu propagieren , das halte ich für nahezu ausgeschlossen.
Wie wäre es denn damit : Ein Lehrer hält nicht nur die pH - Bestimmung an sich, sondern auch die Technik der Probenahme für wichtig und lässt deshalb seine Schüler Proben vor Ort nehmen. Wohl wissend , dass die lokalen Unterschiede zu gering sein werden, als dass Laien ein brauchbares Ergebnis erzielen könnten , manipuliert er die Lokalitäten mit Salzsäure und informiert zu einem ihm geeigneten Zeitpunkt die Schüler über die Tatsache der Manipulation.
Auch die nachfolgend zitierte Situationsschilderung halte ich für wenig glaubwürdig :
Da war ich im Chemie-vorbereitungsraum und plante meinen SchpülerInnen zu zeigen, dass heiße Luft Kalkwasser nicht trübt, als eine sehr erfahrene Lehrkraft meinte, ich solle doch gleich Leitungswasser nehmen und nur sagen es sei Kalkwasser - denn Leitungswasser müsse man nicht aufwendig anrühren und es bestehe kein Risiko für unerwünschte Versuchsergebnisse
Allerdings fehlt mir hier schon die Einsicht in die Sinnhaftigkeit des Versuchs. Und ausgehend davon fällt es mir noch schwerer zu glauben, dass jemand empfiehlt, ein Experiment zu manipulieren, auf das man ohne Einbuße an didaktischer Qualität verzichten oder durch ein anderes ersetzen kann .
Im Chemiedidaktik-Fachbereich und unter Studierenden sind die Meinung über solche Verfahrensweisen sehr unterschiedlich.
Wer immer noch Zweifel hatte, dann nach diesem Zitat hoffentlich nicht mehr. Schon die weitere Diskussion bei CO wird mMn zeigen, dass das Manipulieren von Experimenten so gut wie keine Anhänger hat. Und soweit es überhaupt Anhänger unter den angehenden Lehrern gibt, wer wird schon so blöd sein, sich diesbezüglich auch noch zu "outen".
Zur Zeit bin ich in einem Seminar zur Analyse von Unterricht und würde gern zu dem Thema forschen. Meine Ideen für Forschungsfragen waren, wie viele SchülerInnen solche Schummeleien bemerken und welche Auswirkungen das auf Vertrauen, Arbeitsbündnis mit der Lehrkraft und Motivation hat
Hier liegt der Hund begraben . Man will die Folgen eines Fehlverhaltens auf Lehrerseite erforschen. Was zumindest nicht redlich wäre, wenn es das Fehlverhalten nicht oder nur so selten gibt, dass sich darauf keine seriöse Forschungsarbeit bauen lässt.
Bei ersten Rechercheversuchen habe ich allerdings gar kein Material zu dem Thema gefunden
Kein Wunder, denn auf die "Problematisierungsidee" von Furbaa muss ja erst einmal einer kommen ...
Gruß FKS