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Samstag, 4. Juli 2015, 17:08

Die Crux mit den pH-Wert-Formeln

Hallo, angesichts des Dauertauziehens bzw. -rätselratens darum, welche pH-Wert-Näherungsformel denn wohl für welche Säure/Base gelte, und in welchem Konzentrationsbereich, habe ich mir, um den Stier bei den Hörnern zu packen, mal die fast ganz auf vereinfachende Annahmen verzichtende kubische Gleichung für die H-Ionenkonzentration einprotoniger Systeme \[ c(H^+) - c_0 \cdot \frac{K_S}{c(H^+) + K_S} - \frac{K_W}{c(H^+)} = 0 \] beziehungsweise \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W = 0 \] vorgenommen, um herauszukriegen, ob, wo und wie sich die von den drei gängigen Näherungsformeln für die H-Ionenkonzentration unterscheidet.

Und um dabei nicht jedesmal den Huddel mit der bei großer Verdünnung ins Spiel kommenden Autoprotolyse des Wassers zu haben, habe ich die konsequenterweise auch jedesmal mit in die Näherungsformeln eingebaut (was, wie man sieht, zu einer etwas anderen "Anmutung" derselben führt, bei Nullsetzen von Kw dagegen in allen drei Fällen die bekannten Standardformeln liefert):
\[ \mathrm{I:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2}, \] \[ \mathrm{II:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2}, \] \[ \mathrm{III:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 }. \] Das Dumme daran allerdings war, dass die drei Näherungsformeln leicht zu berechnende explizite Funktionen sind, die kubische Gleichung dagegen eine implizite Funktion ist, bei der alle meine Versuche, sie nach c(H+) aufzulösen, fehlschlugen und auch der Näherungsalgorithmus meines Solvers sich bei der Nullstellenberechnung aufgrund des extrem flach verlaufenden Graphen andauernd vergaloppierte.

Die rettende Idee brachte mir das in diesem Forum auch schon von FKS zitierte Vorlesungsskript der ETH Zürich zur pH-Wert-Berechnung http://www.cci.ethz.ch/vorlesung/de/al1/node9.html#4241, in dem der Autor die og. kubische Gleichung am Ende nicht nach c(H+), sondern nach c_0 (dort [HA]_0 geschrieben) umstellt, was mir zunächst unverständlich erschien, sich im nachhinein jedoch als die Lösung des Problems entpuppte. Denn diese Gleichung, von mir etwas umformuliert wie folgt geschrieben \[ c_0 = (c(H^+)^2 - K_W) \cdot (\frac1 {K_S} + \frac1{c(H^+)}) \] ist ja nichts anderes als die Umkehrfunktion der gesuchten Abhängigkeit der H-Ionenkonzentration c(H+) von der Ausgangskonzentration der Säure c_0 bei gegebenem Ks-Wert als Parameter - es sollte also genügen, die Werte ebendieser Funktion zu berechnen und dann einfach x und y, in diesem Fall c(H+) und c_0, zu vertauschen, um den eigentlich gesuchten Zusammenhang zu visualisieren (was in diesem Fall dann auch mit "normalsterblicher" Rechentechnik machbar ist).

Was nun nur noch geschehen musste, war - der Vergleichbarkeit der Funktionskurven wegen - die Umkehrung der drei og. Näherungsformeln: \[ \mathrm{I:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2} \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{c(H^+)} , \] \[ \mathrm{II:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } -
\frac{K_S}{2} \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{K_S} + c(H^+), \] \[ \mathrm{I:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 } \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{K_S}. \] Wie sich nach ersten Vergleich der Funktionskurven zeigt, liefert die rechenaufwändigste Näherungsformel II dafür auch - über die gesamte untersuchte Spanne von pKs=-2 bis pKs=14! - die beste Übereinstimmung mit der "Masterformel", während die gemeinhin für schwache Säuren "zuständige" Formel III auch tatsächlich erst ab pKs=4 annähernd dieselben Kurvenverläufe liefert wie die "Masterformel", also tatsächlich erst ab dieser Grenze eingesetzt werden sollte, während die für starke Säuren "zuständige" Formel I in der Tat nur für pKs-Werte in der Gegend um -2 oder (von mir nicht untersucht) darunter das liefert, was gemäß der "Masterformel" zu erwarten wäre. Für Basen schließlich, dh. Salze und/oder Hydroxide, gilt dann sinngemäß dasselbe, nur dass dort die pKb-Werte maßgeblich sind.

Die Grafiken in eine veröffentlichungsreife Form zu bringen, macht allerdings etwas Arbeit, deshalb diesbezüglich bitte noch etwas Geduld...

Eine Anmerkung zum Schluss: Auch wenn im Titel von "pH-Wert-Formeln" die Rede ist, habe ich hier erstmal nicht diese selbst, sondern nur die Formeln für die H-Ionenkonzentration (in Abhängigkeit von c_0 und Ks bzw. Kb) untersucht - der pH-Wert selbst dagegen basiert strengenommen auf der (mit zunehmender Konzentration meist etwas abnehmenden) H-Ionenaktivität, was heißt, dass alle auf den og. Näherungsformeln I bis III basierenden "pH-Wert-Formeln" in gleich doppelter Weise lediglich Näherungen sind.

Man liest sich,
Qniemiec

PS. Die Formel des Skripts der ETH-Zürich steht dort allerdings schon seit 2006 (!) falsch, nämlich so:



Es muss vielmehr heißen: \[ [HA]_0 = 10^{pKA-2pH} + 10^{-pH} - 10^{pKA-pKw} - 10^{pH-pKw} \]

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Qniemiec« (4. Juli 2015, 17:24)


2

Dienstag, 7. Juli 2015, 20:28

Hallo, bin nun einmal durch mit meinen Berechnungen und Grafiken, so dass ich schlussendlich mit ziemlicher Sicherheit behaupten kann, was auch schon FKS hier vielfach geäußert hat, nämlich, dass die vielfach benutzte Näherungsformel für den pH-Wert einer schwachen Säure bzw. Base \[ c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 },\] da nur in einem ziemlich begrenzten Bereich halbwegs verlässliche Werte liefernd, ziemlicher Mist ist.

Zur Erinnerung: Um herauszukriegen, wie es sich denn nun wirklich mit diesen Näherungsformeln verhält, habe ich zunächst die kubische Gleichung für die exakte Abhängigkeit der H-Ionenkonzentration c(H+) von der Ausgangskonzentration der Säure c_0 (bei gegebenem Ks-Wert als Parameter) nach c_0 umgestellt, also die Umkehrfunktion der mich eigentlich interessierenden Funktion c(H+) = f(c_0, Ks) gebildet und diese Umkehrfunktion \[ \mathrm{0:} \quad c_0 = (c(H^+)^2 - K_W) \cdot (\frac1 {K_S} + \frac1{c(H^+)}) \] anschließend für den Konzentrationsbereich von 10^-8 bis 10 mol/l sowie pKs-Werte von -2 bis +12 als Referenzkurve zeichnen lassen und - um c(H+) und c_0 zu vertauschen - zu guter Letzt um die y=x-Achse gespiegelt.

Als nächstes habe ich dasselbe mit den 3 bekannten Näherungsformeln \[ \mathrm{I:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2} \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{c(H^+)}, \] \[ \mathrm{II:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2} \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{K_S} + c(H^+) , \] \[ \mathrm{III:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 } \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{K_S} \] gemacht und schließlich die Resultate verglichen.

Ergebnis: Formel I, die man üblicherweise für praktisch vollständig dissoziierte "starke Säuren" zuständig bezeichnet, liefert in der Tat nur für Säuren mit pKs-Werten um -2 einen sich mit der exakten Berechnung deckenden Kurvenverlauf. Kaum überraschend, aber schön, das mal zu sehen.

Formel II, die man aus der kubischen Formel durch Nullsetzen des Produkts Ks*Kw und anschließende Reduktion des Funktionsgrads um Eins gewinnen kann, liefert dagegen über fast den gesamten pKs- und Konzentrationsbereich die nahezu gleichen Ergebnisse wie die exakte Formel, kann also gut und gerne auch Formel I, mehr noch aber Formel III ersetzen.

Denn die mit Abstand schlechteste Übereinstimmung mit der exakten Formel liefert ebendiese, wohl ihrer Einfachheit wegen so beliebte Formel III: Wenn überhaupt, sollte man sie allenfalls für Säuren bzw. Basen mit pK-Werten ab 4 benutzen: Für pK=4 ist sie eigentlich erst ab ca. 10^-2 mol/l aufwärts verlässlich, für pK=6 schon ab ca. 10^-4 mol/l und für pK=8 und darüber kann man sie schließlich auch für noch größere Verdünnungen einsetzen, wohlgemerkt immer mit dem meist auch noch eingesparten Ionenprodukt des Wassers Kw (ohne das es dann wahrscheinlich noch schlimmer aussieht).

Nun muss ich nur noch die Bilder hochladen, und dann sehr Ihr selbst...

Man liest sich,
Qniemiec

3

Dienstag, 7. Juli 2015, 22:16

Hallo, hier nun der Link zu den Grafiken: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:…imations_00.png. Ich hoffe, man sieht was 8) .
Qniemiec

4

Mittwoch, 8. Juli 2015, 16:12

Hallo, angesichts des Dauertauziehens bzw. -rätselratens darum, welche pH-Wert-Näherungsformel denn wohl für welche Säure/Base gelte, und in welchem Konzentrationsbereich, habe ich mir, um den Stier bei den Hörnern zu packen, mal die fast ganz auf vereinfachende Annahmen verzichtende kubische Gleichung für die H-Ionenkonzentration einprotoniger Systeme \[ c(H^+) - c_0 \cdot \frac{K_S}{c(H^+) + K_S} - \frac{K_W}{c(H^+)} = 0 \] beziehungsweise \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W = 0 \] vorgenommen, um herauszukriegen, ob, wo und wie sich die von den drei gängigen Näherungsformeln für die H-Ionenkonzentration unterscheidet.
Eine gute und das Ergebnis betreffend eine hilfreiche Idee, die unsere Diskussion auf jeden Fall konstruktiv befördert und mir zu neuen Anregungen verholfen hat.

Wobei mir das "fast" in " die fast ganz auf vereinfachende Annahmen verzichtende kubische Gleichung " einerseits natürlich berechtigt erscheint, wie es anderseits zu Missverständnissen führen kann . Ich also lieber auf diese Einschränkung verzichten würde, alldieweil es in unserem Kontext ja immer nur um Vernaclässigungen in Bezug auf die Bilanzierung geht, nicht aber um Vereinfachungen in dem Sinne , dass Aktivierungskoeffizienten gleich "1" gesetzt würden.

Zitat

Und um dabei nicht jedesmal den Huddel mit der bei großer Verdünnung ins Spiel kommenden Autoprotolyse des Wassers zu haben, habe ich die konsequenterweise auch jedesmal mit in die Näherungsformeln eingebaut (was, wie man sieht, zu einer etwas anderen "Anmutung" derselben führt, bei Nullsetzen von Kw dagegen in allen drei Fällen die bekannten Standardformeln liefert):
\[ \mathrm{I:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2}, \] \[ \mathrm{II:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2}, \] \[ \mathrm{III:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 }. \] Das Dumme daran allerdings war, dass die drei Näherungsformeln leicht zu berechnende explizite Funktionen sind, die kubische Gleichung dagegen eine implizite Funktion ist, bei der alle meine Versuche, sie nach c(H+) aufzulösen, fehlschlugen und auch der Näherungsalgorithmus meines Solvers sich bei der Nullstellenberechnung aufgrund des extrem flach verlaufenden Graphen andauernd vergaloppierte.


Ich muss gestehen, dass mir die "Polynomform" \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W \ = \ 0 \]
als Ausgangspunkt nach wie vor weniger geeignet erscheint als die sich bei der Herleitung aus der Ladungsbilanz ergebende , nachstehende , implizite Form : \[ c(H^+) \ = \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{c(H^+) + K_S} \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)} \].

Immerhin könnte man erst einmal rein mathematisch formal die folgenden Fälle diskutieren, um dann zu sehen, was sich weiter daraus machen lässt :

\[ c(H^+) \ >> \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{c(H^+) } \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)} \]
\[ c(H^+) \ >> \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ \sqrt{ c_0 \ K_S \ + \ K_W} \] bzw.
\[ c(H^+) \ << \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{K_S } \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)} \]
\[ c(H^+) \ << \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ c_0 \ \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)} \]

Wie man sieht , erhält man nicht nur zwei der drei bekannten Näherungsformeln, sondern über die Näherungsvoraussetzung auch noch einen Hinweis zum Anwendungsbereich. Da man sich leicht überlegt, warum man in den Näherungsvorausetzungen die Komzentation der Wasserstoffionen durch die Nominalkonzentration der Säure ersetzen kann, erhält man auf diese Weise eine Form, die allenfalls noch insofern zu wünschen übrig lässt, als man als Schüler eine Relation mit konkreten Werten einer Form der Art A << B <=> B >> A vorziehen würde. Dazu der folgende Vorschlag :
\[ A \ << \ B \ \ \ : \ \ \ A \ < \ 0,01 \ B \ \ \ <=> \ B \ > 100 \ A \]

Womit sich die Näherungslösungen einschließlich ihrer Anwendungsbereiche wie folgt ergeben :


\[ c_0 \ > \ 100 \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ \sqrt{ c_0 \ K_S \ + \ K_W} \] bzw.

\[ c_0 \ < \ 0,01 \ K_S \ \ \ \ : \ c(H^+) \ \approx \ c_0 \ \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)} \]

Wobei ich die "Autoprotolysekorrektur" einfach mal stehen lasse, gleichwohl sie nur in Fällen extrem niedriger Nominalkonzentration von HA bzw. einem sehr kleinen Produkt "Nominalkonzentration x Säurekonstante relevant wird . Womit sich die weitergehende Näherung so formulieren lässt :

\[ c_0 \ > \ 100 \ K_S \ \ ; \ \ \sqrt{K_S \ \cdot\ c_0 } \ > \ 100 \ \sqrt { K_W} \ \ \ : \ \ \ c(H^+) \ \approx \ \sqrt{ c_0 \ K_S} \] bzw.

\[ c_0 \ << \ 0,01 \ K_S \ \ ; \ \ c_0 \ > \ 100 \ \sqrt {K_W} \ \ \ : \ \ \ c(H^+) \ \approx \ c_0 \]


Gruß FKS

5

Mittwoch, 8. Juli 2015, 17:54

Hallo FKS, Sie schrieben
Hallo, angesichts des Dauertauziehens bzw. -rätselratens darum, welche pH-Wert-Näherungsformel denn wohl für welche Säure/Base gelte, und in welchem Konzentrationsbereich, habe ich mir, um den Stier bei den Hörnern zu packen, mal die fast ganz auf vereinfachende Annahmen verzichtende kubische Gleichung für die H-Ionenkonzentration einprotoniger Systeme \[ c(H^+) - c_0 \cdot \frac{K_S}{c(H^+) + K_S} - \frac{K_W}{c(H^+)} = 0 \] beziehungsweise \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W = 0 \] vorgenommen, um herauszukriegen, ob, wo und wie sich die von den drei gängigen Näherungsformeln für die H-Ionenkonzentration unterscheidet.
Eine gute und das Ergebnis betreffend eine hilfreiche Idee, die unsere Diskussion auf jeden Fall konstruktiv befördert und mir zu neuen Anregungen verholfen hat.

Wobei mir das "fast" in " die fast ganz auf vereinfachende Annahmen verzichtende kubische Gleichung " einerseits natürlich berechtigt erscheint, wie es anderseits zu Missverständnissen führen kann . Ich also lieber auf diese Einschränkung verzichten würde, alldieweil es in unserem Kontext ja immer nur um Vernaclässigungen in Bezug auf die Bilanzierung geht, nicht aber um Vereinfachungen in dem Sinne , dass Aktivierungskoeffizienten gleich "1" gesetzt würden.
Na wenn Sie das "fast" übertrieben finden, umso besser. Denn so sattelfest bin ich in den ganzen Wenns und Abers dann doch nicht zu behaupten, dass ich ganz sicher nix übersehen habe. Mathematik ist da viel übersichtlicher - sobald man sich aber mit der realen Welt zu beschäftigen beginnt, läuft man dauernd Gefahr, irgendwas zu übersehen, die Viskosität der Luft etwa u.dgl.:whistling:

Wenn Sie die obige Formel also wirklich für exakt halten, wunderbar, denn auf genau diesem Wege kann man ja dann durch Vergleich mit deren Umkehrfunktion \[ \mathrm{0:} \quad c_0 = (c(H^+)^2 - K_W) \cdot (\frac1 {K_S} + \frac1{c(H^+)}) \] alle Näherungsformeln darauf prüfen, ob und wie nah sie der Wirklichkeit kommen. Was wohl auch der Weg war, den der Autor besagten ETH-Zürich-Skripts zu gehen vorhatte, denn in der Vorlesungs-Folie finden sich dazu dann auch ein paar Konzentrations-pH-Wert-Diagramme, in denen er die "Zuständigkeitsbereiche" der einzelnen Näherungsformeln farbig umrahmt hat, oder das zumindest zu tun versuchte. Wobei mich wundert, das er damit anscheinend recht einsam dasteht, obwohl dieser Weg doch so naheliegt (und übrigens auch bei zweiprotonigen Säuren und/oder Ampholyten gangbar erscheint).

Zitat

Ich muss gestehen, dass mir die "Polynomform" \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W \ = \ 0 \] als Ausgangspunkt nach wie vor weniger geeignet erscheint als die sich bei der Herleitung aus der Ladungsbilanz ergebende , nachstehende , implizite Form : \[ c(H^+) \ = \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{c(H^+) + K_S} \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)}. \]
Wobei man bei der "Polynomform" sofort sieht, dass es lediglich eines Nullsetzens des Absolutglieds Ks*Kw bedarf, um daraus die per p/q-Formel lösbare quadratische Gleichung \[ c(H^+)^2 + K_S \cdot c(H^+) - (K_S \cdot c_0 + K_W) \ = \ 0 \] zu erhalten, die dann auf geradem Weg zu der Näherungsformel \[ \mathrm{II:} \quad c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2} \ \Rightarrow \ c_0 \approx \frac{c(H^+)^2 - K_W}{K_S} + c(H^+) \] führt, notabene der m.E. besten, weil mit den wenigsten Wenns und Abers behafteteten der drei Näherungformeln. Mal schauen, ob und wieviel Kraft ich noch finde, diesen Faden zu Ende zu spinnen...

Auf jeden Fall macht es mir schon mal Mut zu lesen, dass Sie die kubische Gleichung (und damit auch deren Umkehrung) für hinreichend exakt, dh. tragfähig halten, um auf ihrer Basis weiter zu forschen. Was mich nur wundert, ist, dass anscheinend niemand vor mir diesen Weg weitergegangen ist, der Kollege aus Zürich auch nur zur Hälfte.

Die Visualiserung des Zusammenhangs von Ausgangskonzentration c_0 und Oxoniumionen-Konzentration [H3O+] (ich vermeide bewusst den Sprung zur Aktivität, denn dann jeder nach seinem Gusto machen oder auch nicht!) gemäß der kubischen Formel jedenfalls finden Sie schon mal hier: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:…mula_log_00.png

Wie gesagt, mal schauen, wie weit ich komme... ;)
Qniemiec

6

Donnerstag, 9. Juli 2015, 00:40

Zitat

Die rettende Idee brachte mir das in diesem Forum auch schon von FKS zitierte Vorlesungsskript der ETH Zürich zur pH-Wert-Berechnung http://www.cci.ethz.ch/vorlesung/de/al1/node9.html#4241, in dem der Autor die og. kubische Gleichung am Ende nicht nach c(H+), sondern nach c_0 (dort [HA]_0 geschrieben) umstellt, was mir zunächst unverständlich erschien, sich im nachhinein jedoch als die Lösung des Problems entpuppte.


Ich fürchte, dass mir die Ehre, die ETH Zürich gemäß dem o.a. Link zitiert zu haben, nicht zusteht. Jedenfalls kann ich mich daran nicht erinnern. Auch sehe ich darin keine von mir erstrebte Lösungsmöglichkeit. Da eine geschlossene , gern auch implizite Form einer Gleichung mir mMn zu mehr Verständnis verhilft, als eine graphische Darstellung.

Zitat

Wie sich nach ersten Vergleich der Funktionskurven zeigt, liefert die rechenaufwändigste Näherungsformel II dafür auch - über die gesamte untersuchte Spanne von pKs=-2 bis pKs=14! - die beste Übereinstimmung mit der "Masterformel", während die gemeinhin für schwache Säuren "zuständige" Formel III auch tatsächlich erst ab pKs=4 annähernd dieselben Kurvenverläufe liefert wie die "Masterformel", also tatsächlich erst ab dieser Grenze eingesetzt werden sollte, während die für starke Säuren "zuständige" Formel I in der Tat nur für pKs-Werte in der Gegend um -2 oder (von mir nicht untersucht) darunter das liefert, was gemäß der "Masterformel" zu erwarten wäre.


Da der Anwendungsbereich von Näherungsformeln nicht nur von Ks bzw.pKs , sondern auch von der Nominalkonzentration der Säure abhängt, Sie aber nur auf pKs - Werte Bezug nehmen, ist mir nicht nachvollziehbar, wie man die von Ihnen gesehenen Erkenntnisse ohne Bezugnahme auf die nominalen Konzentrationen den Grapfiken entnehmen können soll. Oder gelten alle Aussagen für c0(HA) = 1 mol/L ?

Dass die Formel II , die beste Übereinstimmung mit der "Masterformel" liefert, ergibt sich schon daraus, dass bei Formel II im Vergleich zur "Masterformel" nur die Autoprotolyse des Wassers vernachlässigt wird, dieses sich aber vor allem im Fall von Formel I nur unwesentlich auswirkt, da die Autoprotolysekorrektur nur für \[ c_0(HA) \ < \ 10^{- \ 5} \ mol/L \] quantitativ relevant wird. Bei Formel III tritt dieser Fall bei \[ \sqrt { K_S \ \cdot \ c_0(HA) } \ < \ 10^{- \ 5} mol/L \] ein. Beides habe ich in Beitrag Nr. 4 dieses Threads gezeigt.
Im Übrigen aber vermisse ich , dass die bei I und III zusätzlichen , d,h. die über die Vernachlässigung der Autoprotolyse hinausgehenden Näherungen nicht erwähnt , geschweige denn erörtert werden.

Zitat

Eine Anmerkung zum Schluss: Auch wenn im Titel von "pH-Wert-Formeln" die Rede ist, habe ich hier erstmal nicht diese selbst, sondern nur die Formeln für die H-Ionenkonzentration (in Abhängigkeit von c_0 und Ks bzw. Kb) untersucht - der pH-Wert selbst dagegen basiert strengenommen auf der (mit zunehmender Konzentration meist etwas abnehmenden) H-Ionenaktivität, was heißt, dass alle auf den og. Näherungsformeln I bis III basierenden "pH-Wert-Formeln" in gleich doppelter Weise lediglich Näherungen sind.


Der Inhalt des vorstehenden Zitats erschließt sich mir nicht. Erst einmal sprechen Sie von Ionenaktivitäten, also \[ a \ = \ f \ \frac {c}{mol/L}\] Was mit der idR plausiblen Annahme, dass sich die Konzentrationen stärker verändern als die ihnen entsprechenden Aktivitätskoeffizienten dazu führen sollte, dass die Aktivitäten der Ionen mit abnehmender Konzentration ebenfalls abnehmen. während die Aktivitätskoeffizienten wegen der insgesamt überwiegend anziehend wirkenden interionischen Wechselwirkung bei fortlaufendem Verdünnen gegen den Grenzwert "1" streben, also mit abnehmender Konzentration größer werden sollten , weil die Stärke der Anziehung mit zunehmenden Abstand der Ionen nachlässt.. Im Bereich hoher Konzentrationen ( > 1 mol/L) aber mit der Konzentration zunehmen, weil bei sehr kleinen Abständen zwischen den Ionen die Abstoßung dominiert.

All das aber bei Ihren Berechnungen keine Rolle spielen sollte, da Sie m.W. die interionische Wechselwirkung doch gar nicht berücksichtigen und somit auch nicht etwaige Veränderungen derselben eine Rolle spielen können.

Gruß FKS

7

Donnerstag, 9. Juli 2015, 02:19

Hallo FKS, was den Konzentrationsbereich angeht, habe ich, wie in meiner Wortmeldung vom 7.7., 20:28 geschrieben, "den Konzentrationsbereich von 10^-8 bis 10 mol/l sowie pKs-Werte von -2 bis +12 als Referenzkurve" untersucht und dann das oben Gesagte festgestellt.

Was die "Anmerkung zum Schluss" betrifft, wollte ich damit nur sagen, dass meine Aussagen sich zunächst einmal lediglich auf Konzentrationen beziehen, ich also an dieser Stelle das Fass mit den Aktivitäten ausdrüchlich nicht aufmachen will und die genannten Näherungsformeln damit auch nur Formeln für die H3O-Ionenkonzentration sind bzw. sein sollen - ob jemand deren negativen dekadischen Logarithmus dann als pH-Wert interpretieren mag oder nicht, liegt also ganz bei ihm oder ihr.

Zu der Sache mit dem Vorlesungs-Skript der ETH Zürich schließlich: Ja, da hab ich tatsächlich was verwechselt, denn den Hinweis darauf fand ich in einem alten Beitrag des CO-Forums aus dem Jahr 2006: http://www.chemieonline.de/forum/printpo…=64025&p=471613 - Ihnen dagegen verdanke ich die Herleitung der in diesem Skript aufgeführten Näherungsformel für die H-Ionenkonzentration zweier (schwacher) Säuren sowie der "richtigen" (oder zumindest stark verbesserten) "Ampholytgleichung" (deren Wortlaut ich zwar schon bei Wikibooks gefunden hatte, doch auch die wieder ohne Herleitung). Und klar, eine Gleichung ist natürlich die exakteste Antwort, nur wenn sich die mit der mir zur Verfügung stehenden Technik nicht lösen lässt, hilft sie mir praktisch nicht weiter. Wobei es hier ja auch nur darum geht zu entscheiden, ob zwei Formeln sich wesentlich unterscheiden oder für das unbewehrte Auge dasselbe Resultat liefern, und wenn ja, sie damit in dem betrachteten Bereich als praktisch gleichwertig behandelt werden können.

Man liest sich,
Qniemiec

8

Donnerstag, 9. Juli 2015, 12:45

Hallo FKS, habe mir die Kurven noch einmal sehr genau angeschaut, um zu prüfen, bis zu welchem Punkt sich die Näherungskurven mit der "Masterkurve" der exakten, kubischen Gleichung decken, womit ich im Grunde das bestätigen kann, was Sie schon weiter oben postulierten, also für die drei Näherungsformeln folgende Gültigkeitsbereiche vorschlagen würde (wobei Formel II, wie zu sehen, die am leichtesten zu erfüllenden Zusatzbedingungen stellt):\[ \mathrm{Ia:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} \geq K_S / 100 \] \[ \mathrm{Ib:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} - \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} \geq K_B / 100 \] \[ \mathrm{IIa:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2} \ : \quad c_0 \geq \mathsf{10^{-6,5} \frac{mol}l} \] \[ \mathrm{IIb:} \quad c(H^+) \ \approx \ K_w \ / \ (\sqrt{K_W + K_B \cdot c_0 + (\frac{K_B}{2})^2 } - \frac{K_B}{2}) \ : \quad c_0 \geq \mathsf{10^{-6,5} \frac{mol}l} \] \[ \mathrm{IIIa:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 } \ : \quad c_0 \geq K_S \cdot 100 \ \bigvee \ K_S < \mathsf{10^{-7} \frac{mol}l} \] \[ \mathrm{IIIb:} \quad c(H^+) \ \approx \ K_W \ / \ \sqrt{K_W + K_B \cdot c_0 } \ : \quad c_0 \geq K_B \cdot 100 \ \bigvee \ K_B < \mathsf{10^{-7} \frac{mol}l} \]Wenn ich Zeit finde, gucke ich mir die Situation bei zweiprotonigen Säuren auch nochmal mit dieser Methode an, wobei das dort dadurch erschwert wird, dass man da ja zwei im Prinzip voneinander unabhängige Säure- bzw. Basenkonstanten zu berücksichtigen hat und nicht nur eine. Mal schauen...
Man liest sich,
Qniemiec

PS. Dass Formel Ib auch so schön einfach aussieht, liegt an der dritten binomischen! ;)

9

Donnerstag, 9. Juli 2015, 14:16

Berichtigung!

Hilfe, tut mir leid, ;( , hab mich bei Formel Ia und Ib vertan:
\[ \mathrm{Ia:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} \geq K_S / 100 \] \[ \mathrm{Ib:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} - \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} \geq K_B / 100 \]
Denn es muss heißen:\[ \mathrm{Ia:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} + \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} {\color{Red}\leq} K_S / 100 \] \[ \mathrm{Ib:} \quad c(H^+) \ \approx \ \sqrt{K_W + (\frac{c_0}{2})^2} - \frac{c_0}{2} \ : \quad c_{0} {\color{Red}\leq} K_B / 100 \]QN

10

Montag, 13. Juli 2015, 02:22

Hallo FKS, nachdem ich mich nun bereits mehrere Wochen mit dem Thema herumschlage, habe ich - nach inzwischen mehreren Dutzend diverser Fallstudien und Diagramme - anscheinend genau einmal "mit der Kirche ums Dorf gerechnet", bin also mehr oder minder dort gelandet, wohin auch Sie mit Ihren Rechnungen gelangt sind.

Aber immerhin auf eigenen Beinen, auch schon was wert. Wobei ich, wie ich glaube, auch den Ursprung der diversen sich um die pH-Wert-Berechnung rankenden Missverständnisse gefunden habe, besser gesagt gleich mehrere solcher Ursprünge.

Allen voran die Unterteilung der Säuren/Basen in "starke", "sehr starke" oder auch nur "mittelstarke" usw. usf., wobei ich mich da gar nicht mal so sehr daran festhalten würde, wo die verschiedenen Autoren da ihre mehr oder minder sinnfälligen Grenzen zwischen diesen Attributen ziehen und wieviele Schubkästchen sie im einzelnen einrichten, sondern, dass man überhaupt solche Schubkästchen einrichtet.

Denn entscheidend für den pH-Wert ist nicht, in welchem Kästchen die betreffende Säure/Base steckt, sondern ihr pK-Wert, also die Zahl, und nicht das Wort. Doch, wie Sie auch immer wieder betonten, nicht nur die. Denn der pH-Wert ist - was in der Lehre leider zu wenig betont wird - eine Funktion zweier Variabler, nicht nur einer, und diese zweite Variable ist die Konzentration. Warum man das nicht so herauskehrt, liegt vielleicht daran, dass Funktionen mehrerer Variabler meist erst nach der Schule ins Spiel kommen, man also keine unnötigen "Fässer aufmachen" will.

Ok, aber wie bringt man das nun damit zusammen, dass de facto doch nur drei verschiedene Näherungsformeln für die Oxoniumionen-Konzentration im Umlauf sind, und wie findet man eine leicht merkbare Zusammenfassung der bei ihrer Herleitung gemachten Annahmen? Oder anders gefragt: Was muss erfüllt sein, damit man diese oder jene Formel verwenden kann?

Oft scheitert sowas schon an den unglücklich gewählten Begrifflichkeiten, weshalb es, finde ich, schon mal ein erster großer Schritt wäre, sich bei der Behandlung des Themas "pH-Wert-Berechnung" von all den Umschreibungen à la "starke", "sehr starke" oder auch nur "mittelstarke", "schwache" usw. usf. Säure oder Base zu lösen und stattdessen nur noch von "stark dissoziierten", "mittelstark dissoziierten" bzw. "schwach" dissoziierten" Säuren und Basen zu reden.

Denn wenn man sich anschaut, wie die besagten Näherungsformeln zustande kommen, wird da ja nicht verbal argumentiert, sondern zB. damit, dass die Säure praktisch vollständig dissoziiert sei, was ja auf zweierlei Weise passieren kann, entweder dadurch, dass die Säure selbst "stark" ist, oder aber dadurch, dass sie gar nicht so stark, dafür aber umso verdünnter ist usw. Kurzum, für jede der drei Näherungsformeln lässt sich durch Angabe von Konzentrations- sowie pK-Wert-Grenzen ein Bereich definieren, innerhalb dessen sie einigermaßen verlässliche Werte liefert.

Wobei es, wie ich leider feststellen musste, auch eine Art "blinden Fleck" der drei Näherungsformeln gibt, wo keine von ihnen mehr zuverlässige Ergebnisse liefert, und zwar bei Konzentrationen unter 1 µmol/l, wenn außerdem weder die Bedingung für "stark dissoziiert" (c_0 <= K/100) noch für "schwach" dissoziiert" (c_0 >= K*100 oder pK >= 8,0) erfüllt ist.

Oberhalb der 1-µmol/l-Grenze dagegen kann man sich umgekehrt die Entscheidung, welche Formeln man nimmt, guten Gewissens dadurch ersparen, dass man am besten nur mit der Formel für "mittelstark dissoziierte" Säuren oder Basen rechnet, die in diesem Konzentrationsbereich auch für die beiden anderen Fälle einsetzbar ist.

Letzter Stand der Dinge und damit Fazit meiner bisherigen "Forschungen" finden Sie hier:
index.php?page=Attachment&attachmentID=215
Falls es noch etwas daran zu verbessern gäbe, lassen Sie es mich sicher wissen 8) .

Man liest sich,
Qniemiec

11

Donnerstag, 16. Juli 2015, 16:26

Allen voran die Unterteilung der Säuren/Basen in "starke", "sehr starke" oder auch nur "mittelstarke" usw. usf., wobei ich mich da gar nicht mal so sehr daran festhalten würde, wo die verschiedenen Autoren da ihre mehr oder minder sinnfälligen Grenzen zwischen diesen Attributen ziehen und wieviele Schubkästchen sie im einzelnen einrichten, sondern, dass man überhaupt solche Schubkästchen einrichtet.


Dass man hier eine Unterteilung vornimmt, ist mMn per se nicht zu beanstanden. Nur darf sich diese nicht fernab jeder Vernunft bewegen und schon gar nicht darf es hingenommen werden, dass die Autoren damit in krassem Widerspruch geraten zu dem, was sie unmittelbar vorher selbst geschrieben haben . Auch bitte ich zu bedenken, dass es mir schwerfälllt in einer eine Diskussion einfach zur Tagesordnung überzugehen und in Bezug auf misthaufenähnlichen Hinterlassenschaften anderer Autoren aus dem Kernbereich des Themas "fünf gerade " sein zu lassen. Nur um beim eigenen Unterthema nicht weiter gestört zu sein.

Bei dieser Gelegenheit : Bisher habe ich einen ziemlich groben Fehler bei dem von Ihnen schon mehrfach zitierten ETH - "paper" großzügig übersehen, um das aktuelle Thema nicht verlassen zu müssen. Nun aber erscheint es mir an der Zeit, den Fall anzusprechen . Wird da doch tatsachlich die folgende Bilanz \[ c_0(HA) \ = \ c(HA) \ + \ c(A^-) \] als "Massenbilanz" bezeichnet, ein Unfug, der auch nicht etwa dadurch kleiner wird, als sich dieses Armutszeugnis zunehmender Beliebtheit bei "Lehrkörpern" und Autoren " zu erfreuen scheint.

Wo doch eigentlich unstreitig sein sollte, dass der vorstehend zitierten Beziehung um eine Stoffmengenbilanz in Bezug auf die Spezies A zu Grunde liegt. Alldieweil nämlich dies zutrifft : \[ n_0(HA) \ = \ n(HA) \ + \ n(A^-) \], aber doch bitte nicht dieses \[ m_0(HA) \ = \ m(HA) \ + \ m(A^-) \ => \ \]
\[ n_0(HA) \ \cdot \ M(HA) \ = \ n(HA) \ \cdot \ M(HA) \ + \ n(A^-) \ \cdot \ M(A^-) \] Was ja nur bei \[ M(HA) \ = \ M(A^-) \] zutreffend sein würde, hier aber offensichtlich nicht gegeben ist.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass es sich hier um eine lässliche Sünde handelt. Eher schon um ein Produkt aus wahllos, unreflektiertem Umgang mit Größen des chemischen Rechnens , der sich ja auch in anderen Bereichen zunehmend Bahn zu brechen scheint und der hier lediglich mal wieder eine neue "relative Spitze" des sprichwörtlichen "Eisbergs" hervorgebracht hat.

Auf den Teil Ihres Beitrags komme ich später zurück.

Gruß FKS

12

Freitag, 17. Juli 2015, 18:18

Hallo Niemiec,

Es geht um die folgende Lösungsformel :

\[c(H^+) \ \approx \ \sqrt { K_W \ + \ K_S \ c_0 \ + \ ( \ \frac {K_S}{2})^2 } \ - \ \frac {K_S}{2} \]
Ich hoffe, dass ich sie richtig abgeschrieben habe, denn diese zu zitieren ist mir nicht gelungen.

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass es sich hierbei um die so genannte "Formel für mittelstarke Säuren" handelt, verbessert durch die Berücksichtigung der Autoprotolyse des Wassers.

Nun ist aber die Vernachlässigung der Autoprotolyse die einzige Vereinfachung, die hier vorgenommen wurde. Entfällt sie , dann müsste die dann erhaltene Formel exakt zutreffen und nicht nur eine ( wenn auch verbesserte ) Näherung sein. Was mich irritiert, ist die Tatsache, dass Sie in Form von
\[ c_0 \ \geq \ 10^{- \ 6,5 } \ mol/L \]
einen Anwendungsbereich angeben, was ja nur für eine Näherung sinnvoll ist.

Deshalb meine Frage : Handelt es sich bei der Formel um die Lösung der mathematisch exakt gültigen kubischen Gleichung in geschlossener Form ? Wenn ja, warum geben Sie dann einen Anwendungsbereich an ? . Wenn nein, worin besteht dann die Nachbesserung der Näherung ?

Gruß FKS

13

Mittwoch, 22. Juli 2015, 15:30

Zitat

Ich muss gestehen, dass mir die "Polynomform" \[ c(H^+)^3 + K_S \cdot c(H^+)^2 - (K_S \cdot c_0 + K_W) \cdot c(H^+) - K_S \cdot K_W \ = \ 0 \] als Ausgangspunkt nach wie vor weniger geeignet erscheint als die sich bei der Herleitung aus der Ladungsbilanz ergebende , nachstehende , implizite Form : \[ c(H^+) \ = \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{c(H^+) + K_S} \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)}. \]

Zitat

Wobei man bei der "Polynomform" sofort sieht, dass es lediglich eines Nullsetzens des Absolutglieds Ks*Kw bedarf, um daraus die per p/q-Formel lösbare quadratische Gleichung \[ c(H^+)^2 + K_S \cdot c(H^+) - (K_S \cdot c_0 + K_W) \ = \ 0 \] zu erhalten, die dann auf geradem Weg zu der Näherungsformel \[ c(H^+) \ \approx \sqrt{K_W + K_S \cdot c_0 + (\frac{K_S}{2})^2 } - \frac{K_S}{2} \] führt, notabene der m.E. besten, weil mit den wenigsten Wenns und Abers behafteteten der drei Näherungformeln. Mal schauen, ob und wieviel Kraft ich noch finde, diesen Faden zu Ende zu spinnen...


Hier habe ich beim ersten Lesen leider nicht aufgepasst. Denn so anscheinend zweckmäßig - plausibel das "Weglassen" des absoluten Gliedes" auf den ersten Blick erscheinen mag, es entspricht weder unseren selbst gesetzten Ansprüchen, noch den "Regeln der Kunst", wie ich sie verstehe.

Um den besagten "Regeln der Kunst" zu genügen, müsste man mMn beim "Weglassen" eines Terms angeben, unter welchen Bedingungen dieser " hinreichend " klein ist im Vergleich zu jedem der übrigen Terme. Was zwar zu ähnlichen, wenn nicht sogar zu den gleichen Bedingungen führen würde, die man aus der von mir bevorzugten , sich bei Herleitung aus der Ladungsbilanz unmittelbar ergebenden Form \[ c(H^+) \ = \ \frac{ c_0 \ \cdot \ K_S}{c(H^+) + K_S} \ + \ \frac{K_W}{c(H^+)}. \] erhält , die überdies auch noch das Gewinnen von Näherungslösungen erleichtert . Und dies einschließlich leichter nachzuvollziehen Bedingungen zum Anwendungsbereich der Näherungen.

Zitat

Auf jeden Fall macht es mir schon mal Mut zu lesen, dass Sie die kubische Gleichung (und damit auch deren Umkehrung) für hinreichend exakt, dh. tragfähig halten, um auf ihrer Basis weiter zu forschen. Was mich nur wundert, ist, dass anscheinend niemand vor mir diesen Weg weitergegangen ist, der Kollege aus Zürich auch nur zur Hälfte.


Mich wundert das nicht, denn der Weg über die Polynomform bringt ja nicht etwa Vorteile, sondern nur zusätzlichen Aufwand, es sei denn , es würde auch eine exakte Lösung der Gleichung präsentiert.

Im Übrigen leistet die durch Weglassen des absoluten Gliedes gewonnene Näherung nicht den Fall \[ c_0 \ = \ 0 \ \ => \ \ c(H^+) \ = \ \sqrt {K_W} \] Ein Fall der auch aus der exakten Polynomform nicht unmittelbar ersichtlich ist.Gleichwohl dies pädagogisch gesehen als wünschenswert gesehen werden sollte. Und dies hoffentlich einvernehmlich und unstreitig.

Tut mir leid, dass ich all diese Mängel nicht gleich beim ersten Lesen entdeckt habe.

Gruß FKS

14

Mittwoch, 22. Juli 2015, 16:08

Hallo FKS, da ich die zurückliegende Woche (fast) nur mit gesunder Waldluft und Holzhacken verbracht habe, hat sich einiges angesammelt. Also der Reihe nach:

Das mit der "Massenbilanz" ist natürlich "ein dickes Ding", wie man so sagt, allerdings ist die Sensibilität für Maßeinheiten wirklich arg im Schwinden, allenfalls noch in handwerklichen Berufen oder technischen Studiengängen einigermaßen präsent.

Leider, denn das "Maßeinheitenrechnen", das ich meinen Schülern immer wieder ans Herz lege, schützt einen ggf. rechtzeitig vor manchem Fehler: Soll am Ende eine Fläche herauskommen, und man erhält stattdessen eine Masse oder Ladung, weiß man schon mal, dass da irgendwas mit der Formel nicht stimmt. So wie ich letztens bei meinen pH-Wert-Berechnungen statt einer Konzentration plötzlich das Quadrat einer Konzentration erhielt und damit wusste, dass ich da wohl irgendwo was vergessen hab. Der Nachteil allerdings des "Maßeinheitenrechnens" ist, dass das nicht per Taschenrechner geht, sondern man selber denken und ggf. zusammenfassen/vereinfachen muss, und das frisst Zeit, und die fehlt im allgemeinen. Irgendwas in den Taschenrechner tippen geht schneller. Und wenn dann als Masse eines Elefanten 0,00000128134523 Irgendwas herauskommt, wird das halt so aufgeschrieben, voller Stolz, ein so "genaues" Ergebnis erhalten zu haben. :whistling:

Wenn Sie also schreiben
Ich bin [...] nicht der Meinung, dass es sich hier um eine lässliche Sünde handelt. Eher schon um ein Produkt aus wahllos,
unreflektiertem Umgang mit Größen des chemischen Rechnens , der sich ja auch in anderen Bereichen zunehmend Bahn zu brechen scheint und der hier lediglich mal wieder eine neue "relative Spitze" des sprichwörtlichen "Eisbergs" hervorgebracht hat.
muss ich Ihnen da leider zustimmen. Wobei es halt nicht nur das chemische Rechnen betrifft, sondern auch - zB. im Mathematikunterricht - Textaufgaben mit Maßeinheiten regelmäßig der Horror sind, weil das - aus og. Gründen - kaum mehr geübt wird. Und bei der Prozentrechnung ist es nicht viel anders: Dabei ist "%" nix anderes als ein Kürzel für "1/100" und fertich - stattdessen lernen die Leute drei verschiedene Formeln für ein und dasselbe... Aber ok, das nur am Rande...

Zum eigentlichen Thema: Sie schrieben

Zitat

Es geht um die folgende Lösungsformel :\[ c(H^+) \ \approx \ \sqrt { K_W \ + \ K_S \ c_0 \ + \ ( \ \frac {K_S}{2})^2 } \ - \ \frac {K_S}{2} \] Ich hoffe, dass ich sie richtig abgeschrieben habe, denn diese zu zitieren ist mir nicht gelungen.

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass es sich hierbei um die so genannte "Formel für mittelstarke Säuren" handelt, verbessert durch die Berücksichtigung der Autoprotolyse des Wassers.

Nun ist aber die Vernachlässigung der Autoprotolyse die einzige Vereinfachung, die hier vorgenommen wurde. Entfällt sie , dann müsste die dann erhaltene Formel exakt zutreffen und nicht nur eine ( wenn auch verbesserte ) Näherung sein. Was mich irritiert, ist die Tatsache, dass Sie in Form von\[ c_0 \ \geq \ 10^{- \ 6,5 } \ mol/L \]einen Anwendungsbereich angeben, was ja nur für eine Näherung sinnvoll ist.

Deshalb meine Frage : Handelt es sich bei der Formel um die Lösung der mathematisch exakt gültigen kubischen Gleichung in geschlossener Form ? Wenn ja, warum geben Sie dann einen Anwendungsbereich an ? . Wenn nein, worin besteht dann die Nachbesserung der Näherung ?
Nein, es ist leider auch nur eine, allerdings ziemlich gute, Näherungsformel, denn die "exakte" kubische Gleichung hat am Ende das Absolutglied K_w*K_s, und erst wenn man das vereinfachend gleich Null setzt, lässt sich die kubische zu einer quadratischen Gleichung reduzieren, die dann die obige Näherungsformel als Lösung liefert.

Dass die verlässlich nur ab 10^-6,5 mol/L (oder zur Sicherheit besser gleich ab 1 µmol/L) aufwärts funktioniert, habe ich mittels der Umkehrfunktionen bestimmt, denn die Abhängigkeit der Ausgangskonzentration vom pH-Wert ist ja eine sehr schön darstellbare Funktion dritten Grades, und die Umkehrfunktion obiger Näherungsformel auch, und dann muss man nur noch schauen, bis wohin sich beide Kurvenscharen decken bzw. ab wann die Umkehrfunktion der Näherungsformel sichtbar von der Umkehrfunktion der exakten Formel abweicht, und wenn man's genauer haben will, muss man halt den Maßstab erhöhen. Auf dem Bild hier sehen Sie in Rot und Blau den Kurvenverlauf gemäß der exakten Formel und in Schwarz gemäß og. Näherungsformel, wobei gut zu erkennen ist, dass und wie beide Kurvenscharen bei Ausgangskonzentrationen < 1 µmol/L getrennter Wege zu gehen beginnen: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%…imations_21.png

Die exakte Formel selbst dagegen nach c(H+) umzustellen ist ein recht horrendes Unterfangen. Hatte nämlich zunächst gehofft, irgendwie um den Herrn Cardano herumzukommen und daher - der Wunsch ist bekanntlich der Vater des Gedankens - aus irgendwelchen Gründen angenommen, dass, wenn die Umkehrfunktion der exakten Gleichung ein Polynom dritten Grades ist, die exakte Gleichung auch wieder ein solches sein müsste. Bis mir nach drei Tagen Rechnen aufging, dass genau diese Annahme völliger Käse ist, die Umkehrfunktion eines Polynoms dritten Grades also genau das nicht wieder sein kann, sondern eine Wurzelfunktion dritten Grades sein muss, und damit leider nix an Herrn Cardano vorbeiführt.

Wobei eigentlich nur noch ein relativ kleiner Bereich übrig ist, der nicht durch die 3 Näherungsformeln abgedeckt ist: von c_0 = K_s/100 bis c_0 = K_s*100 und außerdem c_0 < 1 µmol/L. Was für das Gros der Aufgabenstellungen im Schulalltag eigentlich reichen dürfte:

[img]http://www.treffpunkt-naturwissenschaft.com/index.php?page=Attachment&attachmentID=215[/img]

Beim Cardano dagegen hänge ich momentan bei den Diskriminanten fest. Mathematisch sehr anspruchsvoll... Und wenn man bedenkt, dass die das schon vor 500 Jahren hingekriegt haben, Hut ab!

Man liest sich,
Qniemiec

PS. Sehe gerade, dass Sie inzwischen eine weitere Antwort aufgesetzt haben, schicke das aber erstmal so ab, ok?

15

Mittwoch, 22. Juli 2015, 16:27

Hallo FKS, nur ganz kurz: "Weglassen" klingt natürlich etwas salopp, und im Lehrbuch würde da stattdessen natürlich "vernachlässigbar klein" stehen, was immer das aus Sicht des Autors heißen mag, praktisch dagegen i.d.R. auf dasselbe hinausläuft, nämlich, den betreffenden Term fortan unberücksichtigt zu lassen. Und ja, die "Näherung für mittelstarke Säuren" funktioniert unter 1 µmol/L leider nicht mehr - da ist dann leider ein Loch im Näherungsformeln-Teppich, das auch die beiden anderen Formeln nicht gänzlich füllen. Ihre Schreibweise mit den beiden Brüchen erklärt dann zumindest, warum Wasser ohne alle Zusätze pH 7 hat, doch wie den Abgrund dazwischen füllen ohne Herrn Cardano?
Man liest sich,
Qniemiec

16

Donnerstag, 30. Juli 2015, 01:51

"Weglassen" klingt natürlich etwas salopp, und im Lehrbuch würde da stattdessen natürlich "vernachlässigbar klein" stehen, was immer das aus Sicht des Autors heißen mag, praktisch dagegen i.d.R. auf dasselbe hinausläuft, nämlich, den betreffenden Term fortan unberücksichtigt zu lassen.


Ob man nun "Weglassen" oder "Vernachlässigen" schreibt, in beiden Fällen wäre die Aktion zu begründen, bzw. für Lernende nachvollziehbar begründet darzulegen, unter welchen Voraussetzungen ein Vernachlässigen des fraglichen Terms gleichwohl zu einer brauchbaren Näherung führt. Darüber waren wir uns doch schon einmal einig. Daran fehlt es aber in Ihrer Darstellung .

Was insofern verständlich ist, als man bei Verzicht auf die Polynomform und auf Basis der von mir bevorzugten Ausgangsgleichung den vorgenannten Erfordernissen mit geringerem Aufwand genügen kann.

Und ja, die "Näherung für mittelstarke Säuren" funktioniert unter 1 µmol/L leider nicht mehr - da ist dann leider ein Loch im Näherungsformeln-Teppich, das auch die beiden anderen Formeln nicht gänzlich füllen. Ihre Schreibweise mit den beiden Brüchen erklärt dann zumindest, warum Wasser ohne alle Zusätze pH 7 hat, doch wie den Abgrund dazwischen füllen ohne Herrn Cardano?


Ich fürchte, dass die Näherung nicht nur in dem von Ihnen genannten Fall mathematisch fragwürdig ist. Wobei ich nicht ausschließe , dass man möglicherweiese "unverdient" von Fehlerkompensation profitiert. Im Übrigen sehe ich auch ohne Cardano noch Möglichkeiten. Nur eben nicht für den Fall, dass das Verwenden der Polynomform Vorbedingung ist.

Gruß FKS

17

Donnerstag, 30. Juli 2015, 01:51

Hallo FKS, muss - fast schon wie weiland der Doktor Faust - sagen, dass ich mit wahrhaft "heißem Bemühen" nun auch noch die Cardanischen Formeln angegangen bin, allerdings auch das ohne Erfolg. Denn nachdem ich immer wieder auf eine negative Diskriminante kam, während ich doch nur mit einer einzigen reellen Nullstelle und sonst nix gerechnet hatte, hab ich mir die Funktion nochmal aus größerer Entfernung angeguckt, mit dem Ergebnis, dass das als ganzes auch gar kein "richtiges" Polynom dritten Grades ist, sondern eine recht trickreiche gebrochenrationale Funktion, von der uns allerdings nur der 1. Quadrant (im Bild rosa eingefärbt) wirklich interessiert:index.php?page=Attachment&attachmentID=216
Davon, oder meinetwegen auch vom Kurvenverlauf des 1. und 4. Quadranten die Umkehrfunktion zu bilden, bei der dann die Oxoniumionen-Konzentration eine Funktion der Ausgangskonzentration wäre (und nicht wie im Bild umgekehrt), will mir aber beim besten Willen nicht gelingen. Es muss also wohl fürs erste dabei bleiben, dass es bei Konzentration unter 1 µmol/l ein Loch im Teppich der Näherungsformeln gibt:index.php?page=Attachment&attachmentID=215
Man liest sich,
Qniemiec

18

Freitag, 31. Juli 2015, 18:31

Hallo FKS, habe mein Mammutprojekt zum Thema "pH-Wert-Berechnung" nun erstmal zu einem vorläufigen Ende gebracht, in die "Wikibooks" hochgeladen und die "Front" dabei schon mal dadurch begradigt, dass ich ausschließlich von der Berechnung von Oxoniumionen-Konzentrationen [H3O+] spreche, es also dem Leser selbst überlasse, den negativ dekadischen Logarithmus ihrer Maßzahl anschließend als pH-Wert zu interpretieren oder auch nicht.

Für einprotonige Systeme reduziert sich das Problem damit auf gerade einmal drei Näherungsformeln, deren Geltungsbereiche sich dabei allerdings auch teilweise überlappen, trotzdem aber ein "Loch" für Säuren/Basen mit einem pK-Wert zwischen 4 und 8 und einer Konzentration von weniger als 1 µmol/l offen lassen - es zu füllen ist mir mit keiner mir zu Gebote stehenden Methode gelungen. Hätte nicht gedacht, dass das so schwierig werden könnte - nach ein paar gedanklichen Irrwegen und Dutzenden ihnen folgenden Rechnungen bin ich nun etwas klüger dahingehend. Sie dagegen schrieben gestern

Zitat

Im Übrigen sehe ich auch ohne Cardano noch Möglichkeiten. Nur eben nicht für den Fall, dass das Verwenden der Polynomform Vorbedingung ist.
Sondern? Muss allerdings zusehen, dass ich über diesem Problem nicht mein restliches Leben völlig vernachlässige... :S
Man liest sich,
Qniemiec

19

Dienstag, 4. August 2015, 18:04

und die "Front" dabei schon mal dadurch begradigt, dass ich ausschließlich von der Berechnung von Oxoniumionen-Konzentrationen [H3O+] spreche, es also dem Leser selbst überlasse, den negativ dekadischen Logarithmus ihrer Maßzahl anschließend als pH-Wert zu interpretieren oder auch nicht.


Was mir durchaus vernünftig erscheint. Zum einen finde ich das Bilden logarithmierter Formen als "verfremdend" und bei weniger simplen Zusammenhängen als unnötig komplizierend. In diesem Sinne ziehe ich es auch vor, statt mit Oxoniumionen mit Wasserstoffionen zu formulieren.
und wer ein Problem darin sieht, bei gegebener Oxoniumkonzentration den dem entsprechenden pH - wert zu bilden, den sehe ich nicht in der Zielgruppe der Leser einer solchen Formelseite.

Für einprotonige Systeme reduziert sich das Problem damit auf gerade einmal drei Näherungsformeln, deren Geltungsbereiche sich dabei allerdings auch teilweise überlappen, trotzdem aber ein "Loch" für Säuren/Basen mit einem pK-Wert zwischen 4 und 8 und einer Konzentration von weniger als 1 µmol/l offen lassen - es zu füllen ist mir mit keiner mir zu Gebote stehenden Methode gelungen. Hätte nicht gedacht, dass das so schwierig werden könnte - nach ein paar gedanklichen Irrwegen und Dutzenden ihnen folgenden Rechnungen bin ich nun etwas klüger dahingehend. Sie dagegen schrieben gestern

Zitat

Im Übrigen sehe ich auch ohne Cardano noch Möglichkeiten. Nur eben nicht für den Fall, dass das Verwenden der Polynomform Vorbedingung ist.


Dass ein Näherungsansatz niemals der exakten Lösung äquivalent sein kann, liegt mMn in der Natur der Sache. So gesehen erscheint mir unvermeidlich, dass ein Wertebereich (c0,Ks) existiert , in dem ein Näherungsansatz auch keine zumindest "näherungsweise" befriedigenden Lösungen liefert. Was aber weder hindern sollte, diesen Bereich
a) nach Möglichkeit enger zu begrenzen
b) die Grenzen dieses Bereichs für Lernende nachvollziehbar darzustellen und
c) für die Präzisierung dieser Grenzen eine Form zu finden, die ein pädagogisches
Optimum darstellt in Bezug auf fachliche Korrektheit und Verständlichkeit

Einmal abgesehen davon, dass ich die Polynomform als Ausgangspunkt für "suboptimal" erachte, verwirrt mich ihr Festhalten an derselben auch insofern, als mir nicht klar ist, welche "Kreation" meinerseits von Ihnen als Fortschritt betrachtet werden könnte.

Der Ansatz

\[c(H^+) \ = \ c(H^+)_{HA} \ + \ c(H^+)_{H_2O} \]

"krankt prinzipiell daran, dass die beiden Terme nicht unabhängig voneinander sind , man bei einer Näherung aber im Grunde so vorgehen kann, den i.d.R. gewichtigeren zu berechnen, um dann in Bezug auf den Anderen zu korrigieren. Wobei der simpelste Ansatz dieser wäre :\[c(H^+) \ = \ c_0 \ \cdot \ \alpha \ + \ \frac {K_W}{c(H^+)} \]
Was im Übrigen unter Beachtung der uneingeschränkt gültigen Formel \[ \alpha \ = \ \frac {K_S}{K_S \ + \ c(H^+) } \] zu der von mir propagierten "Ausgangsform" führt, die ich aber jetzt hier nicht noch einmal aufschreibe.
Aber immerhin könnte man den ersten Term unter vorläufiger Vernachlässigung der zweiten berechnen, um dann im einfachsten Fall so zu korrigieren :

\[c(H^+) \ = \ c_0 \ \cdot \ \alpha \ + \ \sqrt {K_W} \]
Eine Möglichkeit, die mir zwar wenig intelligent erscheint, die aber so weit ich sehe immerhin die Grenzfälle c0 = 0 und Ks = 0 leisten würde, da der erste Term\[c(H^+) \ \approx \ c_0 \ \cdot \ \alpha \ = \ \frac {K_S}{2 } \ ( \ \sqrt {1 \ + \ \frac {4 \ c_0}{K_S}} \ - \ 1 \ ) \] in diesen beiden Fällen verschwindet. Dies erst einmal als meine "Ouvertüre" unseres wie weit auch immer noch entfernten "Finales"
Gruß FKS

20

Dienstag, 4. August 2015, 18:49

Muss allerdings zusehen, dass ich über diesem Problem nicht mein restliches Leben völlig vernachlässige...
Man liest sich,
Qniemiec


Nichts für ungut, aber auch ich bin durchaus kein "Spezialist" für pH - Berechnungen. Aber wenn ich einmal etwas angefangen habe, dann kalkuliere ich keinen Zeitbedarf mehr , sondern reflektiere und diskutiere bis zu einer akzeptablen Lösung oder bis zu der Erkenntnis , dass jedes weitere Bemühen sinnlos erscheint.

Wenn es im Übrigen in unserem bisherigen, gemeinsamen Bemühen fragwürdig erscheinenden Aufwand gibt, dann wäre hier mein erster Kandidat die Beschäftigung mit CARDANO's Lösung. Deren geschlossene Form ja anscheinend so aufwendig ist, dass allein das Einsetzen der Formvariablen , geschweige denn das Einsetzen der konkreten Werte dieser Parameter von in unserem Fall Ks,Kw,c0 mit einem nicht mehr annähernd angemessenen Schreibaufwand verbunden wäre, so dass jeder davor zurückzuschrecken scheint.

.... Und man sich in allen mir zugänglichen Quellen lieber mit Diskriminanten beschäftigt, was mir aus meiner Sicht in Bezug auf unser Problem überhaupt nichts gebracht hat. Zumindest hätte ich erst einmal die allgemeine Lösung sehen wollen, um mich dann ggfs mit der Diskriminante zu beschäftigen. Aber auch dies nur in dem Sinn, dass nur reelle Lösungen für uns von Interesse sein sollten und von diesen wiederum nur \[ c(H^+) \ \geq \ \sqrt {K_W } \ > \ 0 \]

Oder können Sie mir erklären, welchen Nutzen im Sinn unserer Problemstellung die "Diskriminantenarien" haben, die man in allen möglichen Internetquellen findet ?

Gruß FKS

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