Der Vollhardt ist kein gutes OC-Lehrbuch. Erstens enthält er viel zu viele Fehler, und zweitens stimmt das Verhältnis von Umfang zu Inhalt nicht. Dieser riesige Wälzer ist geradezu albern im Vergleich zu dem im Format kleineren und nicht einmal halb so dicken Brückner - und dabei enthält er nicht einmal das ganze Vordiploms-Wissen. Finger weg davon!
Der Brückner ist fachlich unschlagbar und vor allem bringt er ungemein viel Wissen auf sehr wenig Platz unter. Über das Didaktische kann man allerdings streiten: nicht jeder kommt gut damit zurecht, vor allem nicht mit den schwer zu verstehenden, manchmal unübersichtlichen Abbildungen. Ich gehöre auch dazu: wenn ich mir vorstelle, ausschließlich mit dem Brückner lernen zu müssen, würde das wohl in den Graben gehen. Aber zu gebrauchen ist er bis zur Diplomprüfung und darüber hinaus.
Den Clayden gibt es leider nur in englischer Sprache. Besonders positiv sind mir die hervorragenden Abbildungen aufgefallen: das Buch nutzt konsequent eine moderne, übersichtliche Strukturformelsprache. Der Rest ist mittelmäßig. Insbesondere stört mich, dass bei sehr vielen Sachverhalten lediglich erwähnt wird, dass es so ist, aber nicht warum.
Es gibt noch den Carey/Sundberg in deutscher Übersetzung vom alten Meister Schäfer, der ist auch fürs Hauptstudium geeignet. Prinzipiell wäre der das beste OC-Lehrbuch überhaupt, es gibt nur ein Problem: sowohl Inhalt als auch Darstellung sind komplett veraltet. Heutzutage sind Großteile des OC-Hauptstudiums moderne Synthesemethoden und Metallorganik, was in dem Buch fast vollständig fehlt. Und die Strukturformeln...naja, da sage ich lieber mal nichts. Man könnte ihn mit überschaubarem Aufwand aktualisieren und hätte ein wahnsinnig gutes Lehrbuch - es fehlt aber wohl die treibende Kraft, der Schäfer geht ja schon stramm auf die 80 zu.
Speziell für die Zeit bis zum Vordiplom gibt es seit kurzem auch ein Lehrbuch von Paula Bruice in deutscher Übersetzung von Reiser aus Regensburg. Das ist erstaunlich gut geworden. In jedem Fall besser als der direkte Konkurrent Vollhardt.
Bestimmt habe ich noch welche vergessen! Man muss auch noch dazusagen, dass Lehrbuch-Bewertungen grundsätzlich stark subjektiv sind.