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Dienstag, 14. Mai 2013, 12:26

Stabilität von Teilchensystemen : Atombau und chemische Bindung

Versuch einer ganzheitlichen Darstellung im Unterricht

Von Friedrich Karl Schmidt

1 Zusammenhalt und Expansionsstreben der Materie .

Zu wissen, "was die Welt im Inneren zusammenhält”, ist nicht erst seit Goethe eines der großen Fernziele der Naturwissenschaft. Es ist bemerkenswert, dass die Frage nach dem Auseinanderstreben der Materie sehr viel seltener gestellt wird, wo doch stabile Zustände der Abstoßung ebenso bedürfen wie der Anziehung.
Dass die Gravitation die Ursache ist, wenn ein Apfel vom Baum fällt, erfahren die Schüler im Unterricht. Weshalb er trotz fortwirkender Gravitation auf dem Boden liegen bleibt, statt im Erdboden zu versinken, bleibt offen. Es scheint auch keiner Erörterung wert, was uns davon abhält, mitsamt dem Erdboden ins Erdinnere stürzen und was die Erde insgesamt vom Gravitationskollaps verschont.Man erfährt eher, warum ein Flugzeug in der Luft bleibt und warum der Mond nicht auf die Erde stürzt, als dass ein Lehrer seine Schüler wenigstens darauf hinweist, dass in Bezug auf die Natur der offensichtlich vorhanderen Abstoßung noch Klärungsbedarf besteht.
Auch das begrenzte Fassungsvermögen von Behältern erscheint so selbstverständlich, dass nicht einmal Hochbegabte nach der Natur der Abstoßungskräfte fragen, ohne die eine solche Begrenztheit gar nicht möglich wäre. Wenn die Lehre diese Problematik erst einmal ignoriert, was durchaus didaktisch begründet sein kann, so wäre doch zu erwarten, dass die Klärung der diesbezüglichen Fragen bei passender Gelegenheit nachgeholt wird. In der Regel geschieht dies jedoch nicht, obwohl ein entsprechendes Problembewusstseins den Einstieg in die Elektrizitätslehre als kontinuierlichen Übergang erscheinen lassen könnte.
Ein im Sinne von Verständnis erfolgreicher Unterricht über Teilchenmodell, Atombau und chemische Bindung setzt jedoch eine gewisse Einsicht hinsichtlich des Wirkens von attraktiven und repulsiven Kraftelementen voraus, da deren Fehlen fast zwangsläufig zu Missverständnissen über die Stabilitätskriterien von Teilchensystemen führt.
So wird z.B. stillschweigend, aber unzutreffend davon ausgegangen, dass sich Körper allein auf Grund ihrer Masse gegenseitig auf Distanz halten. Die Trägheit der Masse impliziert jedoch keine “Sperrigkeit”. Bei Abwesenheit der elektromagnetischer Wechselwirkung und ohne die Bewegungsvorgänge im Innern der Materie wäre auch die Sperrwirkung von Wänden nicht gegeben. Man könnte einfach durch sie hindurchgehen, ohne eine Tür zu benutzen. In Bezug auf Fühlbarkeit oder Sichtbarkeit wären Wände – wie auch alle anderen Gegenstände - gar nicht vorhanden.
Masse an sich hat also keine “Balken”, auch nicht für Schall, Licht oder andere elektromagnetische Wellen. Es liegt auch nicht an der geringen Masse, dass man Atome und Moleküle nicht sehen kann, wie “Neue Wege zu einem fächerübergreifendem Teilchenkonzept” in den “Grundaussagen” glauben machen will [1]. Informationen über die geometrische „Größe“ von Teilchen basieren auf den von den Teilchen “verursachten” elektromagnetischen Feldern. Sie werden also von der Verteilung von Ladungen bestimmt und geben keinen Aufschluss über die räumliche Begrenzung ihre Masse, so dass in diesem Zusammenhang auch nicht darauf Bezug genommen werden sollte. Fehlerhafte Aussagen wie in [1] erscheinen auch als “Vereinfachung” nicht gerechtfertigt, da pädagogisch einleuchtende Gründe für didaktische Reduzierung weder vorgetragen werden, noch erkennbar sind.

Der Eindruck, dass die Größe “Masse” jenseits der realen Kausalitäten in der Lerhrbuchliteratur bisweilen als Joker missbraucht oder aber falsch verstanden wird, findet im Chemieunterricht seine Fortsetzung. So wird z.B. die geringere Flüchtigkeit des Schweröls im Vergleich zu Diesel oder Benzin fast schon regelmäßig der größeren Molekülmasse zugeschrieben und die höhere Siedetemperatur des Wassers gegenüber Schwefelwasserstoff gar als Anomalie bezeichnet. Im Internet musste einem Schüler Argumentationshilfe gegen seinen Chemielehrer geleistet werden, weil dieser nicht davon abzubringen war, dass das Kondensieren von Dämpfen auf Gravitation beruhe. Auch wenn dies ein Einzelfall sein sollte, er ist zweifellos eine Folge verfehlter Assoziationen von Moleküleigenschaften, deren Änderung zufällig auch der Masse folgt oder auch nur zu folgen scheint. Die erheblichen Unterschiede in den Siedetemperaturen isomerer Alkane und die verschwindend geringen Abweichungen bei Dotierung mit Isotopen sollten hinreichender Anlass sein, das Siedeverhalten der Stoffe nicht mit deren Masse in Verbindung zu bringen. Die nicht nur im Fall der Kohlenwasserstoffe zutreffende Erklärung, dass sich Dipolwirkungen der einzelnen C - H – Bindungen der Kettenlänge entsprechend summieren, was die Van der Waals – Bindungsenergie mit der Zahl der C- Atome anwachsen lässt, sucht man in Lehrbücher vergeblich, was zu der Frage berechtigt, warum Autoren diese einfache Erklärung ihren Lesern vorenthalten. Immerhin lässt sich dieser Zusammenhang mit perforiertem Papier auch noch überzeugend demonstrieren. Er ermöglicht Abschätzungen der Bindungstärken, basierend auf der Kettenlänge, ab der Moleküle nicht mehr unzersetzt verdampfen, ein Phänomen, das durch vergleichende Zerreißversuche mit perforiertem und nicht perforiertem, geklebtem und nicht geklebtem Material erfahrbar gemacht werden kann. Der fragwürdig- vordergründigen Logik der Masseassoziation folgend müsste eine von Knöpfen gehaltene Verbindung weniger von der Zahl der Knöpfe als von dem Gewicht des ganzen Textils abhängig sein und zwar unabhängig davon, ob alle Knöpfe zu sind oder nicht.


[1] I. Eilks und J. Möllering, MNU 54 (2001) S.243

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »Friedrich Karl Schmidt« (19. Mai 2013, 12:46)


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PaprikaChips (14.05.2013)

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Dienstag, 14. Mai 2013, 16:16

2. Fundamentale Wechselwirkungen und Virialtheorem im Unterricht

Die Verhältnisse im Umfeld des Menschen und der Natur insgesamt werden überwiegend von der Gravitation und der elektromagnetischen Wechselwirkung bestimmt. Dieser Umstand und die Analogie in Bezug auf die Abstandsabhängigkeit der Kräfte sollten Anlass sein, das NEWTON’sche Gravitationsgesetz und das Gesetz von COULOMB im Zusammenhang zu behandeln, zumal das Letztere überzeugender experimentell demonstriert und abgeleitet werden kann, als dies beim Gravitationsgesetz möglich erscheint [1].
Die Bedeutung des Magnetismus im Zusammenhang mit Atombau und chemischer Bindung wird meistens überschätzt. Die Schüler sollten deshalb wissen, dass sich der magnetische und der elektrostatische Anteil der elektromagnetischen Kraft wie v²/c² verhalten, die magnetische Kraft also lediglich eine relativistische Korrektur darstellt, die selbst bei relativ hohen Geschwindigkeiten erst dann quantitativ relevant wird, wenn sich die elektrostatischen Wirkungen weitgehend kompensieren.
Vorkenntnisse zu den anderen fundamentalen Wechselwirkung werden im Chemieunterricht nicht benötigt. Im Zusammenhang mit dem Aufbau des Atomkerns sollte der Hinweis auf die Kernkräfte und deren auf wenige Femtometer begrenzte Dominanz über die elektrostatische Abstoßung der Protonen genügen.
Dagegen erscheint die Vermittlung der Erkenntnis wesentlich, dass das Zusammenwirken von Verschiebungs- und Orientierungspolarisation immer zu resultierender Anziehung zwischen elektrisch neutralen Teilchen führt, solange deren Verhalten von außen nicht beeinflusst wird. Diese unter den Namen Kohäsion, Adhäsion oder Van der Waals – Bindung bekannte Erscheinung kann am Beispiel von Dipolen verschiedener Provenienz unschwer vermittelt werden.
Für ein richtiges Verständnis unverzichtbar ist auch die Erkennen der expansiven Wirkung der kinetischen Energie, die das Kollabieren von Systemen auch in den Fällen verhindert, in denen Anziehungskräfte über Abstoßungskräfte dominieren oder wie beim Wasserstoffatom Abstoßung mangels gleichnamig geladener Teilchen entfällt , so dass nur die kinetische Energie Kern und Elektron auf Abstand halten kann.

Zugang zum Virialtheorem über die Teilchenbewegung im Zentralfeld

Für stabile, also hinreichend dauerhaft beständige Systeme lässt mit einfacher Mathematik und Physik eine Beziehung gewinnen, die eine Aussage über die Natur der Bindungsenergie für den Fall ermöglicht, dass die zwischen den Bestandteilen des Systems herrschenden Kräfte einem Abstandsgesetz der Form \[ F \ = \ \frac {a}{r^n} \ \ <=> \ \ E_{pot} \ = \ - \ \frac{a \ r^{ 1 \ - \ n}}{ 1 \ - \ n} \ \ \ \ \ \ \ \ n \ \neq \ 1 \] folgen. Diese als Virialtheorem oder als Virialsatz bezeichnete Beziehung verknüpft die Änderungen von potenzieller Energie und kinetischer Energie beim Übergang in einen stabilen Bindungszustand. Einen schülergemäßen Zugang zu diesem Theorem zeigen die beiden folgenden Darstellungen.

Betrachtet wird ein Teilchen, das von einer auf den Massenmittelpunkt des Systems gerichteten Zentralkraft \[ F_Z \ = \ \frac{a}{r^n} \ \ \ \ \ \ n \ \neq \ 1 \] das am Entweichen aus dem System gehindert wird, weil die kinetische Energie zur Flucht nicht ausreicht. Bei Annahme einer Kreisbahn also : \[ \ \ F_Z \ = \ \frac {a}{r^n} \ = \ \frac {m \ v^2}{r} \ \ \ \ \ \ und \ \ \ \ \ \ 2 \ E_{kin} \ = \ m \ v^2 \ = \ \frac {a}{r^{n \ - \ 1}} \] \[ \ \ \ \ \ E_{pot} \ = \ \frac {a \ r^{ 1 \ - \ n}}{ 1 \ - \ n} \ \ \ \ \ und \ \ \ \ 2 \ E_{kin}\ = \ \frac {a}{r^{n \ - \ 1}} \ \ \ \ \] \[ \ \ \ \ \ ( \ 1 \ - \ n \ ) \ E_{pot} \ = \ 2 \ E_{kin}\] \[ \ \ E \ = \ \ E_{pot} \ + \ E_{kin}\ = \ \frac {3 \ - \ n}{2} \ E_{pot}\] \[ \ \ E \ = \ \ E_{pot} \ + \ E_{kin}\ = \ \frac {3 \ - \ n}{1 \ - \ n} \ E_{kin}\]
Für den sowohl bei der Gravitation, wie auch der elektromagnetischen Wechselwirkung gegebenen Fall n = 2 also :\[ E \ = \ \frac{E_{pot}}{2} \ = \ - \ E \ < \ 0\]

Zugang zum Virialtheorem über Gasgesetze

Die innere Energie eines idealen Gases ist bekanntlich 3/2 N kT = 3/2 nRT entsprechend einer molaren Wärmekapazität von ½ R für
jeden voll angeregten Freiheitsgrad. Beim idealen Gases sind dies die drei Translationsfreiheitsgrade, so dass allgemein für die Translationsenergie Ekin = 3/2 NkT gilt. Wegen Ekin = 3/2 NkT und p V = NkT folgt die aus der Gaskinetik bekannte Beziehung p V = 2/3 Ekin .

Die Wechselwirkung zwischen den Teilchen verursacht einen Realgaseffekt, der sich im Fall einer Anziehung druckmindernd auswirkt. Es ist zweckmäßig, den Druckbeitrag eines Teilchens in einem kugelförmigen Volumen zu betrachten. Ähnlich einer Probeladung im
Feld einer Raumladung addieren sich die Kräfte aller “Feldteilchen” zu einer Resultierenden, so dass auf jedes “Probeteilchen”eine nach innen gerichtete Radialkraft wirkt, deren Tangentialkomponenten wegen der Symmetrie verschwinden.
in einem kugelförmigen Volumen vermindert sich der Druck auf Grund der auf jedes Teilchen wirkenden Zentralkraft F_z entsprechend auf \[ p_{real} \ = \ p_{ideal} \ - \ \frac {F_z}{A} \ = \ \frac {N \ k \ T}{V} \ - \ \frac {F_z}{A} \] Für kugelförmige Volumina also wegen \[ A \ = \ 4 \ \pi \ r^2 \ \ \ \ und \ \ \ V \ = \ \frac{4}{3} \ \pi \ r^2 \ \ \ \ => \ \ \ \ A \ =\ \frac {3 \ V}{r} \]

\[ p_{real} \ = \ p_{ideal} \ - \ \frac {F_z \ r}{3 \ V} \ = \ \frac {N \ k \ T}{V} \ - \ \frac {F_z \ r}{3 \ V } \] Im Grenzfall, dass das Gas in sich stabil ist, wird der Realdruck gleich Null. \[ \ F_z \ \cdot \ r \ = \ 3 \ N \ k \ T \] so dass mit \[ F_z \ \cdot \ r \ = \ ( 1 \ - \ n) \ E_{pot} \ \ \ \ \ \ und \]
\[ \ \ \ \ 3 \ N \ k \ T \ = \ 2 \ E_{kin} \ \ \ \ \ \ folgt \]
\[ ( \ n \ - \ 1 \ ) \ E_{pot } \ = \ - \ 2 \ E_{kin} \]


[1] U. Finke und F.K.Schmidt, Coulomb-Gesetz und Magnetismus, PdN-Ph (2002)

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Friedrich Karl Schmidt« (15. Mai 2013, 16:39)


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Donnerstag, 23. Mai 2013, 15:30

Das Wasserstoffatom im Grundzustand












[2] Viktor Weisskopf, So einfach ist Physik, PhuD 1, 1988 ( 1 - 5 )

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Friedrich Karl Schmidt« (8. Juni 2013, 16:46)


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Samstag, 8. Juni 2013, 17:39

4 Hydridion und Heliumatom – Beispiele für Mehrelektronensysteme

Das Heliumatom

Wenn wir die Energie des Grundzustands des Wasserstoffatoms mit E(H) < 0 bezeichnen und dies im Weiteren als Einheit für die Energie verwenden, so wäre die Energie des Heliumions 2 E(H), wenn der Kern-Elektron-Abstand wie beim Wasserstoffatom gleich dem Bohr’schen Radius a sein würde. Die Kernladungszahl Z = 2 verursacht jedoch eine im Vergleich zum Wasserstoffatom zweimal so große Anziehungskraft, so dass der “Radius” des Heliumatoms ½ a und die Energie somit 4 E(H) beträgt. Mit dem bereits vorgestellten Ansatz von von V.WEISSKOPF erhält man diese Werte, indem man den Parameter A durch Z A = 2A ersetzt.


Wenn der Radius des Heliumatoms größer als der des Wasserstoffatoms wäre, könnte das zweite Elektron nicht gebunden werden, weil die Abgabe desselben unter Energiefreisetzung und damit spontan erfolgen würde. Denn nach Emission eines Elektrons würde der verbleibende Atomrumpf von a auf ½ a mit einem Energiegewinn von 3 E(H) kontrahieren, dem ein “Emissionsaufwand” von nur 2 E(H) gegenüber steht, wenn man die Abstoßung des verbleibenden Elektrons vernachlässigt. So würde bei der Abspaltung eines Elektrons Energie im Betrag von mehr als E(H) und - bei Berücksichtigung der Abstoßung - weniger als 2 E(H) frei. Wäre also das Heliumatoms nicht deutlich kleiner als das Wasserstoffatom, es wäre nicht stabil, die negative Ionisierungsenergie würde einen Spontanzerfall begründen.

Tatsächlich ergibt die in vorgestellte Berechnungsformel einen Radius von 0,59 a ( Messwert 0,60 a ) und eine Energie für den Grundzustand von 5,7 E(H) ( Messwert 5,81 E(H) ). Dabei wurde die Abstoßung zwischen den beiden Elektronen mit einem klassisch berechneten Abstoßungsparameter p = 5/8 berücksichtigt, entsprechend einer potenziellen Abstoßungsenergie zwischen den beiden Elektronen von \[ E_{pot} \ = \ \frac {5}{8} \ \frac {A}{r} \] Dieser Wert ergibt sich nach V.WEISSKOPF [2] , wenn man für jedes der beiden Elektronen die radiale Ladungsverteilung in der Atomhülle des Wasserstoffatoms annimmt.




Das Hydridion









[2] Viktor Weisskopf, So einfach ist Physik, PhuD 1, 1988 ( 1 - 5 )

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Friedrich Karl Schmidt« (8. Juni 2013, 18:29)


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